Seit einiger Zeit ziehe ich mich mehr oder weniger jährlich zurück und führe meine Reflexionstage durch. Wie der Name schon sagt: Das ist eine Zeit nur für mich, in der ich mich mit mir selbst, meinem Leben und meinem Business beschäftige. Die Schwerpunkte sind jedes Jahr unterschiedlich, das Ergebnis immer dasselbe: Ich kann mich neu kalibrieren, kann ein paar Dinge auf die Schiene bringen und weiß (wieder), was zu tun ist oder was ich überhaupt tun will. Erfahren Sie hier mehr über diese Reflexionstage, und wie Sie sie auch für sich nutzen können.
Was sind Reflexionstage?
Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin ein Kind meiner Zeit: Seit 1991 habe ich bereits eine E-Mail-Adresse, also weit bevor die meisten Menschen überhaupt wussten, was E-Mails sind. Ich bin in der Frühzeit unserer digitalen Welt groß geworden – mit allen Vor- und Nachteilen.
Eine der negativen Folgen (und hier schreibe ich ausschließlich über mich und meine Erfahrungen): Von allen Prinzipien eines guten Zeitmanagements ist „Fokussieren“ für mich das Schwerste. Ich merke immer wieder, wie ich in einen Alltagstrott verfalle und die großen Linien meines Lebens und meines Business aus den Augen verliere. Im Alltag wird so aus dem laserscharfen Fokus eine Flamme, die unbestimmt flackert und nach dem Wind geht. Doch ich habe ein Gegenmittel: Meine Reflexionstage.Die Reflexionstage sind meine persönliche Klausur, in der ich mich zurückziehe und mich mit den großen Linien meines Lebens verbinde. Ich ziehe mich dazu aus dem Alltag zurück (auch örtlich), beschäftige mich Fragen, die eine mittel- bis langfristige Wirkung haben.
Was kann man an den Reflexionstagen tun?
Das kommt ganz darauf an. Lassen Sie mich zwei Beispiele machen:
Das Fundament stärken
Vor zwei Jahren ging es in meinen Reflexionstagen darum, meine Wurzeln, meine Basis, mein Fundament zu stärken, auszubessern und stellenweise auch neu zu erschaffen. Ich bin mit einer Reihe von Fragen in meine Klausur gegangen:
- Wer ist mir wichtig?
- Was ist mir wichtig?
- Welche Rollen erfülle ich? Welche erhöhen meine Zufriedenheit, welche verringern sie?
- Was trägt mich?
- Welchen Werten folge ich?
- Was sind meine Stärken?
- Was sind meine Schwächen?
- Was mache ich richtig gerne?
- Was kann ich gut?
- Wo will ich in 5 Jahren sein?
- Und in 10 Jahren?
- In 20 Jahren?
- In 30 Jahren?
- Und bei meinem Tod?
- Was will ich der Welt hinterlassen?
- Was erwarte ich?
- Was wünsche ich mir?
- Wie werde ich wahrgenommen?
- Wie möchte ich wahrgenommen werden?
- Wie beurteile ich jeden Lebensbereich? In welchen Lebensbereichen habe ich welche Wünsche? Auf welche soll ich in den nächsten 1000 Tagen mein Schwergewicht legen?
- Was sind meine Ziele?
Um diese Fragen beantworten zu können und um konkrete Maßnahmen daraus abzuleiten, habe ich mir gut zwei Tage Zeit genommen.
Die Schienen erkennen und legen
Letzten Sonntag gingen meine aktuellen Reflexionstage zu Ende. Dieses Jahr setzte ich mir ein ebenso einfaches, wie wichtiges Ziel: Ich wollte das letzte Quartal 2012 sowie mindestens das erste Quartal 2013 planen. Das war der Schwerpunkt. Ich hatte ganz viele Ideen, Pläne, Wünsche, Träume und Ziele im Kopf, aber eben nur im Kopf: Die mussten da raus, konkretisiert und auf (digitales) Papier gebracht werden. Ich wollte dieses Jahr den Prozess so offen lassen wie möglich und habe mir viel Zeit für Brainstorming und generell für mich genommen. Herauskam ein schöner Plan, was ich mindestens in den nächsten Monaten tun will.
Empfehlungen für Ihre Reflexionstage
Sie sehen: Die Form kann unterschiedlich sein, die Ziele auch. Auch nächstes Jahr werden meine Reflexionstage anders ablaufen – vermutlich wird es ein Mix aus den beiden Beispielen sein. Grundsätzlich sollten Sie also das tun, was Sie wollen, was Ihnen hilft und Ihnen entspricht. Ein paar Empfehlungen gibt es aber trotzdem:
- Überlegen Sie sich gut, weshalb Sie Reflexionstage durchführen wollen und was Ihr Ziel dabei ist. Ein grobes Ziel reicht bereits: „Kommende Quartale planen“ oder „Fundament stärken“ als Beispiele.
- Bereiten Sie sich gut vor. Um das Ziel erreichen zu können, müssen Sie den Prozess dahin etwas steuern. Das kann recht offen sein (wie im zweiten Beispiel) oder eher detailliert (wie im ersten Beispiel). Wichtig ist, sich vorher zu überlegen, wie Sie zum Ziel kommen.
- Ziehen Sie sich zurück. Im Alltag schaffen Sie keine Reflexionstage. Gehen Sie in ein Hotel, ein Kloster, in ein Ferienhaus oder einfach in die Natur. Ich gehe gerne an einen sehr ruhigen Ort, meistens in die Nähe eines Benediktiner-Klosters, da ich mich mit der benediktinischen Tradition und Spiritualität sehr verbunden fühle. Aber das bin nur ich, Sie müssen Ihren Ort selbst finden.
- Fokussieren Sie sich auf die Reflexion. Natürlich können Sie nicht den ganzen Tag reflektieren. Nehmen Sie ruhig auch einen Roman mit, aber nehmen Sie keine andere Arbeit mit und wählen Sie nicht unbedingt ein Wellness-Hotel. Sonst liegen Sie mehr in der Sauna und im Whirlpool, als dass Sie Ihr Ziel für diese Tage verfolgen. Reflexionstage sind erholsam (da Sie raus aus dem Alltag sind), aber kein Urlaub.
- Nehmen Sie etwas Inspirierendes mit. Ich habe in meiner aktuellen Klausur zwei Sachbücher (schnell)gelesen, natürlich passend zu meinem Ziel.
- Nutzen Sie Reflexionstage nicht nur für Ihr Business. Als Unternehmer steht bei mir häufig das Business im Vordergrund, aber ich beschäftige mich auch mit meinen anderen Lebensbereichen, vor zwei Jahren etwa intensiv mit dem Bereich Gesundheit (Sport, Ernährung, Schlaf etc.), dieses Jahr auch mit dem Bereich „Sinn und Kultur“, in meinem Fall mit Fragen zu meiner Spiritualität.
- Kommen Sie zu einem Ergebnis. Darüber nachdenken und sich erholen sind gut und recht, aber halten Sie unbedingt Ihre Gedanken und Ergebnisse fest. Sonst verpuffen diese schönen Tage sehr schnell. Entscheidend: Erstellen Sie einen Maßnahmenplan. Was wollen Sie gleich ab dem nächsten Tag umsetzen und wie wollen Sie das tun?
Haben Sie auch schon solche oder ähnliche Reflexionstage durchgeführt? Welches sind Ihre Erfahrungen damit?