Mein Artikel „Der Rückblick, der dir in Zukunft was bringt“ hat mich inspiriert, eine Rückschau der etwas anderen Art zu halten. Es gibt nämlich Dinge, die ich in Bezug auf Zeit- und Selbstmanagement heute anders mache als noch vor einigen Jahren.
Als ich vor über zehn Jahren begonnen habe, als Zeitmanagement-Coach zu arbeiten, war ich ganz anders organisiert als heute. Es war damals eine andere Zeit, ich war ein Stück weit eine andere Person mit etwas anderen Prioritäten. Das alles hat sich selbstverständlich auch in meinem Zeit- und Selbstmanagement gespiegelt.
Wir alle entwickeln uns weiter und die Zeiten und Umstände ändern sich. Deshalb ist es ja auch so wichtig, flexibel zu bleiben und sich immer wieder zu fragen, ob wir bei unserem Zeit- und Selbstmanagement nicht etwas anpassen können.
Denn ein gutes Zeit- und Selbstmanagement ist keine absolute Größe, sondern ist genau das, was für dich jetzt im Moment funktioniert. Ein gutes Zeit- und Selbstmanagement dürfen wir uns also jeden Tag neu erarbeiten. Das ist ein Stück Arbeit, aber bedeutet auch, dass wir jeden Tag eine neue Chance haben, etwas besser zu machen. Wir sind nicht einfach notorische Aufschieber oder von Haus aus unproduktiv. Sondern wir haben jeden Tag die Chance, uns zu verbessern. Diese Sichtweise nimmt etwas Druck weg, wie ich finde.
Früher habe ich also ein paar Dinge anders gemacht, die ich mir heute gar nicht mehr vorstellen kann und einiges mache ich heute auf eine Art und Weise, die ich mir früher nicht im Traum hätte vorstellen können. Fünf Punkte sind dabei herausgekommen:
1. Ich plane im Kalender
Heute findet meine gesamte Planung im Kalender statt. Ich bin mittlerweile ein großer Fan des sogenannten „Time Blocking“ geworden. Das ist eine Methode, bei der man direkt im Kalender plant, was man tun will, wann man es tun will und wie lange man dafür braucht.
Früher war ich davon überzeugt, dass dieses Time Blocking gar nicht funktionieren kann. Ich war der Ansicht, dass es keine Flexibilität mehr zulässt, weil ich ja eben Zeit für etwas Bestimmtes blockiere und mir Unvorhergesehenes dann den ganzen Kalenderplan zerschießt.
Heute weiß ich: Time Blocking ist kein Planungsknebel, sondern führt eigentlich zu mehr Freiheit und mehr Entscheidungsfreiheit. Es führt zu einem bewussteren Umgang mit meiner Zeit.
Wenn ich z.B. von 8.00 bis 9.00 Uhr den Podcast aufnehmen will und meine Frau dann eine Frage hat, kann ich im Moment abwägen, was wichtiger ist. Kümmere ich mich um die Beantwortung der Frage, bleibt der Podcast liegen. Vertröste ich meine Frau auf später, ist sie bei ihrer Arbeit blockiert, weil sie meine Antwort braucht. Ich sehe also sofort, welche Auswirkungen meine Entscheidung hat, und kann situativ dem einen oder anderen den Vorrang geben. Das funktioniert aber nur, weil ich weiß, was ich jetzt eigentlich tun will. Denn dann habe ich das nötige Bewusstsein und eine Entscheidung zwischen dem einen oder anderen ist möglich.
Mache ich hingegen eine schwammige Planung („Ich muss dann heute noch den Podcast aufnehmen“), dann haben spontane und unvorhergesehene Dinge plötzlich ein viel höheres Gewicht. Ich kann dann nicht mehr abwägen, weil da nichts fix geplant ist. Es gibt kein entweder-oder. In einem solchen Fall ist praktisch vorprogrammiert, dass ich auf die Unterbrechung eingehe. Die für heute geplante Aufgabe macht dem Zwischenruf Platz. Sie kann ja dann später noch erledigt werden. Aus „später“ wird dann schnell mal „morgen“, „übermorgen“. Gibt es eine Frist, sind Stress und Hetze in letzter Minute nicht ausgeschlossen.
Time Blocking hat aber noch einen weiteren Vorteil. Der Wert einer guten Planung liegt nicht unbedingt im Endergebnis, dem Plan selbst, sondern vor allem im Planungsprozess. Wenn ich meinen Tag plane, muss ich mir genau überlegen, was jetzt gerade für mich und mein Business wichtig ist. Ich muss Prioritäten setzen – und zwar laufend. Ich kann nicht grenzenlos Aufgaben in einen Arbeitstag stopfen. Irgendwann ist das Zeitkontingent ausgeschöpft und ich muss mir überlegen, was ich auf morgen schieben kann und was unbedingt doch noch heute erledigt werden sollte. Ich muss mich laufend entscheiden, was heute wichtig ist respektive was wichtiger ist als alles andere.
Time Blocking ist eine Planungsmethode, die genau das unterstützt. Du hast am Ende nicht einen Plan, der in Stein gemeißelt ist, sondern du hast eine Art Momentaufnahme, was dir zum Zeitpunkt des Planens wichtig war. Die Situation kann sich aber eben schnell ändern und da hast du mit diesen Planungsblöcken eine Möglichkeit, flexibel zu bleiben und deine Planung immer wieder an die Umstände anzupassen.
Ich lag damals also ganz falsch, als ich dachte, Time Blocking sei nicht flexibel genug. So plane ich jetzt doch schon einige Zeit konsequent in meinem Kalender – konsequent, aber nicht stur. Das bedeutet, ich verplane nicht jede Minute meines Kalenders und an manchen Tagen gönne ich mir mehr Planungs-Freiraum. Manchmal habe ich auch so viele Termine, dass ich überhaupt keine Planungsblöcke auf diesen Tag lege.
2. Ich starte am Morgen mit den E-Mails
Ich war ganz lange der Meinung, und bin es eigentlich auch heute noch, dass man seinen Arbeitstag nicht unbedingt mit E-Mails starten sollte. Nicht immer bin ich damit auf Verständnis und Gegenliebe gestoßen. Heute sehe ich diese Maxime etwas differenzierter.
Ich bin immer noch davon überzeugt, dass es nicht zum Automatismus werden sollte, dass wir am Morgen als Erstes unsere E-Mails checken. Will man damit beginnen, dann sollte man gute Gründe dafür haben.
Weshalb? Weil E-Mails Fremdsteuerung bedeuten. Der Posteingang ist eine To-do-Liste, die andere für mich schreiben. Jemand will, dass ich die Mail lese, er will dass ich den Anhang anschaue, er will seine Frage beantwortet haben usw.
Wenn ich mich am Anfang des Tages mit diesen von extern bestimmten Aufgaben beschäftige, lasse ich mich unbewusst auf diesen Tenor ein. Es ist dann ziemlich schwierig, aus diesem „ich führe das aus, was andere von mir wollen“-Modus wieder herauszukommen. Deshalb bin ich sehr vorsichtig und empfehle, nicht mit den E-Mails zu starten, außer es gibt eben wirklich gute Gründe dafür.
Habe ich nun diese guten Gründe, wenn ich für mich entschieden habe, mit den E-Mails zu beginnen? Gute Frage. Ich starte mit den E-Mails, weil ich gerne ein paar „quick wins“ sammeln möchte, bevor ich mich meinen wichtigen Aufgaben widme. Wenn ich jemandem mit einer kurzen Antwort weiterhelfen kann, dann fühlt sich das gut an. Dann habe ich bereits etwas erledigt.
Ebenso fühlt es sich für mich gut an, wenn ich den Überblick über meinen Posteingang habe. Das gibt mir das Gefühl, die Dinge im Griff und die Fäden in der Hand zu haben. Es geht nicht darum, die E-Mail-Post bereits zu erledigen, sondern die E-Mails abzuarbeiten. Also aus E-Mails Aufgaben zu machen, kurze Antworten zu erledigen, E-Mails abzulegen usw. Mache ich das nicht, dann fühlt es sich an, als würde ich mich am Morgen vor einem unaufgeräumten Schreibtisch setzen. Sowas behindert mich und meine Konzentration bei der Arbeit und das will ich vermeiden.
Kommt hinzu, dass ich als Fan eines leeren Posteingangs morgens ohnehin nie sehr viele E-Mails dort vorfinde, weil ich diese sich nicht ansammeln lasse. Meistens arbeite ich ja den Posteingang vor dem Feierabend ohnehin ab, so dass höchstens mal 2-3 E-Mails liegen bleiben. Das Zeitfenster, morgens meine E-Mails abzuarbeiten, kann also bei mir gar nicht ausufern. Diese Tatsache erlaubt es mir, das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben, über meine Maxime zu stellen. Der Nutzen ist für mich somit größer als die Nachteile.
3. Ich arbeite mit Ordnern auf der Festplatte
Ich war ja immer ein großer Fürsprecher der Suchfunktion sowohl im Posteingang als auch auf der Festplatte. Wenn du nur eine bestimmte E-Mail oder eine bestimmte Datei suchst, dann bist du mit der Suche auf jeden Fall schneller, als wenn du dich durch eine ganze Ordnerstruktur klicken musst.
Das funktioniert hervorragend, wenn man alleine arbeitet oder in einem sehr kleinen Team, wenn das Team eine ähnliche Philosophie verfolgt. Ich arbeite zwar in einem sehr kleinen Team, aber meine Frau und Mitarbeiterin tickt punkto Ordnerablage anders als ich. Sie liebt ihre Ordner und als sie bei mir zu arbeiten begann, haben wir relativ schnell gemerkt, dass wir einen Kompromiss finden müssen. Sie konnte sich nicht mit dem radikalen, ordnerlosen Dasein anfreunden und ich mich nicht mit komplexen Ordnerstrukturen.
So bin ich heute tatsächlich wieder an einem Punkt angelangt, wo ich mit Ordnern arbeite. Ich nutze die Ordner, aber verlasse mich natürlich trotzdem noch sehr häufig auf meine Suchfunktion.
Wir haben uns bei der Systematik für eine Methode nach Tiago Forte, einem amerikanischen Trainer und Coach, entschieden.
Tiago Forte hat ein Ordnersystem entwickelt namens PARA. PARA ist ein Akronym für Projects / Areas / Resources / Archive. Wir gehen nun bei der Ablage nach dieses System vor und sind beide sehr zufrieden damit.
4. Ich bin ausschließlich digital organisiert
Wer mich erst seit ein paar Jahren kennt, denkt vielleicht, dass ich schon seit Beginn meines Unternehmertums papierlos und digital unterwegs bin. Das war aber nicht immer so. Als ich angefangen habe als Zeitmanagement-Coach zu arbeiten, war ich in der Tat auf Papier unterwegs und das sogar mit großer Begeisterung.
Ich mag Papier, ich mag schöne Füllfederhalter und Kugelschreiber, ich mag es, mit Tinte zu schreiben – alles Dinge, die ich übrigens mit meiner Frau teile. Trotz allem nutze ich diese Sachen eigentlich kaum mehr – im Gegensatz zu meiner Frau, die Papier und Stift nicht missen möchte.
Für mich ist die digitale Organisation inzwischen massiv überlegen, so dass ich im Business gar nichts mehr analog mache. Heute hole ich den schönen Füllfederhalter nur noch hervor, wenn ich eine klassische Geburtstagskarte schreibe. Mir gefällt das immer noch sehr, aber ich zelebriere es nicht mehr so wie früher.
Falls du dir den analogen Blatter nicht vorstellen kannst, habe ich den Beweis für dich aus vergangenen Tagen, nämlich aus dem Januar 2008. ;-)
Ich hatte damals vieles ausprobiert: Post-its, Karteikarten, klassische Listen, Notizbücher etc. Ich war zufrieden und erfolgreich damit. Doch da war schon immer diese Faszination für alles Technische, „Dinge mit Knöpfen“, Gadgets und Tools. So habe ich langsam aber stetig die analoge Organisation verlassen und habe auf digital umgestellt. Heute kann ich mir das gar nicht mehr anders vorstellen.
Brainstormings oder konzeptionelle Arbeiten habe ich noch relativ lange auf Papier gemacht. Seitdem ich ein iPad mit Apple Pencil habe, hat aber auch da die Digitalisierung Einzug gehalten.
Für mich stimmt diese rein digitale Organisation total. Sie bietet enorm viele Vorteile – aber es muss passen. Es gibt keinen Grund, weshalb man sich nicht auf Papier organisieren soll. Wem dies besser entspricht, der soll das unbedingt und mit Freude tun. Ich habe etliche Kunden, die auf Papier bestens organisiert sind. Gut ist, was funktioniert und man gerne tut – bei mir ist das digital, bei dir mag das etwas anderes sein.
5. Ich habe die eierlegende Wollmilchsau gefunden – für jetzt :-)
Ich war lange Zeit skeptisch gegenüber Tools, die eierlegende Wollmilchsau sein wollten, also die Notizen verwalten, Projekte managen, CRM und To-do-Liste und noch viel mehr sein wollten. Ich war immer der Meinung, solche Tools können alles ein bisschen, aber nichts wirklich gut.
Aus diesem Grund hatte ich mir mein Tool-Set immer selbst zusammengestellt. Für To-do-Listen hatte ich ja lange mit Todoist gearbeitet – das tue ich übrigens noch heute, aber nicht mehr für mich, sondern wenn meine Kunden mit Todoist arbeiten möchten. Als meine Frau dann bei mir angefangen hat, haben wir uns mit Asana organisiert. Ich bin mittlerweile ja auch Certified Pro von Asana und kann dir helfen, mit Asana zu arbeiten.
So begeistert ich nach wie vor von Asana bin, so sind meine Frau und ich vor einiger Zeit noch einen Schritt weitergegangen. Wir haben sie nämlich tatsächlich gefunden, die eierlegende Wollmilchsau: Notion heißt das Tool.
Notion ist eine Art Datenbank, bei der du dein Tool so zusammenstellen kannst, wie du das möchtest. Ich kann eine Datenbank erstellen mit meinen To-dos, eine mit meinen Kunden, mit meinen Deals etc. Diese kann ich dann miteinander verknüpfen, ohne dass ich programmieren können muss.
Notion hat eine gewisse Komplexität und man sollte schon ein Konzept im Kopf haben für diese Datenbanken und deren Verknüpfung, aber wenn man ein solches hat, dann ist das ein wirklich geniales Tool. Es ist keine fixfertige, vorgegebene Software, sondern eigentlich ein Programmbaukasten, den du an deine Bedürfnisse anpassen kannst. Notion ist vergleichbar mit einer Kiste voller Legosteine, wo du zwar auch zuerst wissen musst, was du daraus bauen willst, aber dann hast du fast unendliche Möglichkeiten.
Wir nutzen Notion inzwischen für die gesamte Organisation, das heißt für die Aufgaben, die Projekte, die Kundenverwaltung, als CRM, wo wir auch die Deals und den ganzen Verkaufsprozess abbilden. Wir nutzen Notion aber auch für den ganzen Content, also für diesen Artikel hier, für den Podcast, die Social Media-Posts, meine Notizen zu den Coachings etc. Damit haben wir alles unter einer einzigen Oberfläche. Mit Notion habe ich alles beisammen und sehe immer genau, wo ich stehe, was zu tun ist und ich habe auch alle meine Infos dazu zur Hand.
Ich habe einige Tage damit verbracht, das Ganze so einzurichten, dass es uns dient. Auch muss man zuerst die Form finden, die für einen passt, aber wenn man das mal hat, dann ist Notion tatsächlich eine eierlegende Wollmilchsau.
Das war nun also ein kleiner Einblick hinter den Vorhang mit den fünf Punkten, die ich heute anders mache als noch vor einigen Jahren. Gut möglich, nein, wahrscheinlich, dass ich dir in zehn Jahren wieder ganz anderes zu berichten habe. Das sagt uns aber nichts anderes, als dass Zeit- und Selbstmanagement eben nichts Statisches sind, sondern dass wir unsere Systeme immer wieder hinterfragen und auch anpassen dürfen, wenn wir die richtigen Gründe und die richtige Motivation haben.