#275 – Nun sag, wie hast du’s mit der Mittagspause?

Nutzt du die Mittagspause, um neue Energie zu tanken für die zweite Tageshälfte oder ist sie eine willkommene Chance, um endlich mal ungestört ein paar Dinge zu erledigen?

Früher war es an vielen Orten üblich, über Mittag nachhause zu gehen und zusammen mit der Familie zu essen. Die Zeiten haben sich geändert und die Mittagspause hat an Bedeutung verloren. 

Den Gründen hierfür und was es für dich und deine Arbeit im Endeffekt bedeutet, wenn du eine richtige Mittagspause oder eben keine machst, möchte ich hier nachgehen.

Gründe für den Verzicht auf eine echte Mittagspause

Die Gründe sind vielfältig, sie sind absolut nachvollziehbar und nicht per se schlecht.

  • So sind z.B. die Arbeitswege häufig länger geworden, so dass die Zeit nicht reicht, um zweimal diesen Weg zu machen und trotzdem noch genug Zeit zu haben fürs Essen.
  • Heute ist es auch oft so, dass beide Partner arbeiten, so dass keiner sich daheim ums Kochen kümmern kann – was ja in der Sache selbst auch begrüßenswert und fortschrittlich ist.
  • Den meisten von uns ist es mehr wert, am Abend früher heimkehren zu können, als am Mittag eine längere Pause zu machen. Warum? Weil wir dann nicht das Gefühl haben, heimzukehren, zu essen und ins Bett zu fallen, um am nächsten Tag wieder zu arbeiten. Viele haben noch ein Leben nach der Arbeit, das ihnen ebenso wichtig ist. Die Mittagspause zu kippen, verlängert gefühlt die Freizeit.
  • Bist du selbstständig, hast du mit deinem Business deinen Traum verwirklicht. Die Arbeit ist dir so wichtig und macht dir auch Spaß, so dass du vielleicht eine Mittagspause als zweitrangig einstufst. Ob du damit mehr erreichst, ist natürlich eine andere Frage – allerdings mit einer glasklaren Antwort. Mehr dazu später.

Es gibt aber noch andere Gründe, warum wir auf eine richtige Mittagspause verzichten:

Für viele ist die Zeit über Mittag fast die einzige Zeitspanne, wo sie mal am Stück und ungestört durch Telefonate, Mitarbeiter, Kollegen und Kundenbesuche arbeiten können. Ein Kundenbesuch ist natürlich keine Störung im eigentlichen Sinn, aber halt trotzdem eine Unterbrechung, wenn man daneben noch etwas konzentriert abarbeiten muss.

Bei vielen stapelt sich die Arbeit. Sie haben dann das Gefühl, sie werden der Arbeit nur Herr, wenn sie die Mittagszeit einsetzen, um schneller zu sein als das Wachstum der Stapel.


Übrigens, wenn sich bei dir die Arbeit stapelt, dann kann das zwei Gründe haben:

Entweder du hast tatsächlich zu viel Arbeit oder du hast bei deinem Zeit- und Selbstmanagement noch Luft nach oben. Es kann wirklich sein, dass du effektiv zu viel Arbeit hast, häufig begegnet mir jedoch der zweite Fall. 

Häufig schieben wir diesen Umstand auf die Menge der Arbeit, weil wir uns damit auch etwas aus der Verantwortung ziehen können, wenn wir ganz ehrlich zu uns sind. 

Wenn sich bei dir also die Arbeit stapelt und du gestresst bist, das Gefühl hast, den Überblick zu verlieren und dich fremdbestimmt fühlst, dann mach eine Zeit-Lupe mit mir aus. Dort gebe ich dir schon erste Tipps und Hinweise in welche Richtung du dich entwickeln darfst oder musst und am Ende schauen wir, ob und wie ich dir helfen kann, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Das ist nämlich die viel bessere Lösung als auf deine wohlverdiente Mittagspause zu verzichten!


Viele verzichten aus den genannten Gründen auf eine richtige Mittagspause. Sie verlassen den Arbeitsplatz nicht und schieben sich kurz ein Sandwich oder einen Salat rein. Im „besten“ Fall nehmen sie sich knapp zehn Minuten Zeit, um den Körper mit Nahrung zu füllen – nach dem Motto „dann hat er wieder, was er braucht, und ich kann weiter ackern“ – oder sie arbeiten einfach weiter während sie essen. Ich glaube, man sollte sich die Zwischenräume der Tastatur besser nicht zu genau anschauen….

Leider ist es auch so, dass es mittlerweile schon fast zum guten Ton gehört, ständig zu arbeiten, ständig erreichbar zu sein, ständig auf Zack zu sein. Stress ist zum großen Problem in der Arbeitswelt geworden, aber auch zu einer Art Statussymbol. Das wird von einigen Galionsfiguren leider auch so vorgelebt. Produktiv sein bedeutet nicht, ständig unter Druck und Stress zu stehen und 24/7 zu arbeiten.

Es gibt bessere Lösungen, um produktiv zu sein, als auf die Mittagspause zu verzichten.

Warum ist eine echte Mittagspause wichtig?

Bist du vertraut mit dem Investitionsprinzip? Das ist ganz simpel: Man muss zuerst investieren, bevor man etwas davon hat.

Beim Geld ist das ganz offensichtlich: Du legst Geld an, investierst also Geld, damit es sich danach vermehrt.

Weil wir zuerst etwas geben müssen und nicht sofort ein Ergebnis zu unseren Gunsten haben, sind wir oft vorsichtig. Wir haben Angst, dass wir nur investieren und am Ende vielleicht gar keinen entsprechenden Nutzen haben.

Beim Zeitmanagement funktioniert das Prinzip genau gleich. Hier musst du zuerst Zeit investieren, um dich anders zu organisieren und neue Gewohnheiten zu implementieren. Wenn du diese Zeit investierst, dann kannst du am Ende Zeit sparen, die du dann für anderes zur Verfügung hast. 

Das ist eine einfache Rechnung, die immer aufgeht. Also besteht an und für sich kein Risiko – und doch gewichten wir in der Regel den kurzfristigen Nutzen schwerer. Wenn du viel zu tun hast, kommt dir eine richtige Mittagspause wahrscheinlich auch wie eine unsichere Investition vor.

Du fragst dich, was du davon hast: zwar eine Stunde Pause, aber dafür später Feierabend und nachwachsende Stapel. Kurzfristig gesehen, nützt dir das Durcharbeiten am Mittag also mehr. Leider aber eben nur auf kurze Sicht.

Wenn du dich nämlich auf dieses Investitionsprinzip einlässt und eine echte Pause machst, dann wirst du sehr bald merken, wie deine Batterien am Nachmittag wieder leistungsfähiger sind und du viel effizienter und effektiver vorwärts kommst.

Pausen sind eine wichtige Voraussetzung für effizientes, produktives Arbeiten.

Unser Hirn braucht immer wieder Ruhezeiten für die Verarbeitung der gewonnenen Informationen. Nur so ist es fähig, sein ganzes Potenzial abzurufen und weiterhin verlässlich zu funktionieren. Beim Sport kennen wir das: Höchstleistungen sind nur möglich, wenn die Ruhezeiten auch eingehalten werden. Der bewusste Wechsel von Anspannung und Entspannung gilt aber ebenso für unser Hirn. 

Meint man, schlauer zu sein und Zeit zu sparen, opfert man dabei in Tat und Wahrheit einen Teil seiner Leistung. Irgendwann am Nachmittag werden wir dann von dieser bitteren Tatsache eingeholt. Wir mögen nicht mehr so recht, werden langsamer, machen mehr Fehler und fühlen uns unmotiviert.

Kurz- und mittelfristig sind wir dann einfach nicht so leistungsfähig wie wir sein könnten. Langfristig setzten wir damit aber aber unsere Gesundheit aufs Spiel. Chronische Übermüdung, körperliche Erschöpfung, Burnout können die Folge sein.

Eine richtige Pause hingegen fördert die Produktivität und Kreativität und hebt die Stimmung. Es ist wichtig, dass wir den Wert der Mittagspause wieder erkennen.

Tipps für eine gute Mittagspause

Verlass den Arbeitsplatz

Nur wenn du deinen Arbeitsplatz verlässt, kannst du richtig abschalten. Du siehst andere Dinge, beschäftigst dich mit anderen Dingen. Dieser Tapetenwechsel gibt deinem Hirn die Möglichkeit, sich zu regenerieren. 

Wenn du nicht am Platz bleibst, bist du auch nicht für Kollegen und Mitarbeiter ansprechbar nach dem Motto „Du, nur schnell…., kannst du grad mal bitte…“

Iss ein bekömmliches Mittagsessen

Nach dem Essen ist der Körper immer mit der Verdauung beschäftigt, d.h. es wird immer Blut aus dem Gehirn in den Verdauungstrakt gezogen. Die schlechtere Gehirndurchblutung führt zwangsläufig zu Müdigkeit und Leistungsabfall. Aber wir haben es in der Hand, wie stark diese ausfallen. Essen wir fettreich und üppig, wird mehr Blut bei der Verdauung benötigt, als wenn wir was Leichtes und Bekömmliches essen.

Triff dich mit Kollegen, Freunden oder geh heim zur Familie 

Zu Pandemie-Zeiten mag das schwierig sein, aber wir werden auch wieder normale Zeiten erleben, wo solche Treffen problemlos möglich sind. 

Mit solchen Zusammenkünften verleihst du der Mittagszeit und der Nahrungsaufnahme mehr Gewicht und der soziale Austausch tut einfach gut.

Aber Achtung: Verzichte beim gemeinsamen Essen mit Kollegen möglichst auf Arbeitsthemen. Business-Lunches sollten also die Ausnahme bleiben. Ansonsten gönnst du deinem Hirn nämlich trotzdem nicht die verdiente Erholung.

Mach einen Spaziergang

Bewegung und frische Luft tun gut. Die meisten von uns verbringen unsere Arbeitszeit ja sitzend vor dem Computer. Ein kleiner Spaziergang ist dann nicht nur eine Wohltat und Auszeit für den ganzen Körper, sondern er kann sogar helfen, Probleme zu lösen und Blockaden im Hirn zu beseitigen.

Es kann also gut sein, dass du am Vormittag bei einem Problem stecken bleibst, dann über Mittag eine Runde drehst, während der du nicht mal bewusst über der Sache weiter brütest, und am Nachmittag dann plötzlich Lösungswege siehst.

Mach Mittags-Sport 

Wenn du der Typ dafür bist, dann geh eine Runde Joggen oder ins Fitnesscenter. Sport über Mittag ist nicht jedermanns Sache, aber wenn du merkst, dass dir das gut tut, dann nichts wie los. Sport baut ja auch auf sehr schnell und effektive Weise Stress ab. 

Mach ein Mittagsschläfchen 

Während Mittags-Sport gar nicht mein Ding ist, lege ich für mich umso mehr Wert auf ein Mittagsschläfchen. Ein sogenannter Powernap gibt neue Kraft für den Nachmittag.

Empfohlen werden 10 bis 20 Minuten. Wichtig ist, dass du nicht in Tiefschlaf fällst, weil du danach nur schlecht wieder in die Gänge kommst. Entweder du stellst einfach einen Timer auf die gewünschte Zeit oder du nimmst einen Schlüsselbund in die Hand. Wenn er runterfällt, ist das das Zeichen, dass du in eine Tiefschlafphase gekommen wärst, und das Scheppern lässt dich sofort aufwachen.

Arbeitest du nicht im Homeoffice und habt ihr im Unternehmen nicht den Luxus eines Ruhezimmers, dann hast du vielleicht ein Einzelbüro oder es gibt sonst einen Raum, wo du dich zurückziehen kannst. Dann brauchst du nur noch ein Kissen, eine Decke oder eine Faltmatratze. Sei erfinderisch!

Eines ist diesen Tipps gemeinsam: Es geht darum, über Mittag was ganz anderes zu machen als während der Arbeitszeit. Das ist wichtig, denn das Gehirn braucht Abwechslung, um leistungsfähig zu bleiben.

Ebenfalls wichtig und zu bedenken ist folgendes: Je mehr du in der Mittagspause erledigen willst, umso mehr Zeit brauchst du dafür. Wenn du z.B. einen Spaziergang oder Sport machen willst, aber nur eine halbe Stunde Mittagspause machst, dann wirst du dein Essen wahrscheinlich runterschlingen, weil dir sonst einfach die Zeit fehlt für den Bewegungsteil. Das ist aber nicht Sinn der Sache. Sei also realistisch bei deinen Mittagsplänen und vergiss nicht, dass es im Endeffekt darum geht, zur Ruhe zu kommen und aufzutanken.

Tipps speziell fürs Homeoffice

Eigentlich macht es Homeoffice leicht, eine gute Mittagspause zu machen. Du hast die Küche nebenan, wo du dir eine leichte, bekömmliche Mahlzeit frisch zubereiten kannst. Du kannst dein Essen am Küchen- oder Wohnzimmertisch einnehmen. Ist dein Partner oder die Familie da, kommt der soziale Austausch auch nicht zu kurz. Du kannst dich aufs Sofa setzen und etwas lesen, die Katze knuddeln, mit dem Hund Gassi gehen, eine Runde um den Block drehen oder dich für eine Viertelstunde aufs Bett legen.

Die Gefahr beim Homeoffice ist, dass wir es mit der Tagesstruktur nicht so genau nehmen. Wird die Essenszeit nicht durch die anderen Familienmitglieder bestimmt, dann passiert es schnell einmal, dass du mal um 11 Uhr isst, mal um 13 oder 14 Uhr, dann vielleicht mal gar nicht, weil du so versunken bist in deine Arbeit, oder du isst doch was vor dem Computer.

Es gilt also auch hier:

  • Verlass unbedingt deinen Arbeitsplatz für die Mittagspause.
  • Mach die Mittagspause auch tatsächlich zur Mittagszeit oder auf alle Fälle jeden Tag in etwa zur selben Zeit.

Der Mensch braucht einen Rhythmus und Regelmäßigkeiten, sei es beim Schlaf oder eben bei der Nahrungsaufnahme. 

Und zum Schluss noch dies

Die Energiekurve, die uns zeigt, wann während des Tages unser Energielevel wie hoch ist, ist nicht bei allen gleich. Die meisten jedoch arbeiten so um 10 Uhr am Morgen sehr produktiv und haben um 15 Uhr einen Durchhänger. Eine gute Mittagspause wird diesen Durchhänger deutlich abschwächen. Die Erfahrung zeigt einfach, dass die Kurve am Nachmittag mal kurz etwas abtaucht.

Weil wir am Vormittag in der Regel mit unserer Energie gut unterwegs sind und gerne etwas beenden, bevor wir eine große Pause machen, gehen wir gerne erst in die Mittagspause, wenn wir eine Aufgabe ganz erledigt haben. Das fühlt sich irgendwie richtig an, weil wir dann etwas abgeschlossen haben und am Nachmittag dann mit etwas Neuem anfangen können.

In Tat und Wahrheit ist es aber nicht die beste Idee, mit etwas komplett Neuem zu beginnen, wenn der Durchhänger vor der Tür steht.

Es gibt einen Trick, der angeblich auf Ernest Hemingway zurückgeht:

Man soll dann eine Pause einlegen, wenn man noch mitten in der Aufgabe steckt, aber schon so weit ist, dass man genau die nächsten Schritte kennt.

Das hat zwei Gründe: 

  • Wenn du nach der Mittagspause zurückkommst, weißt du genau, was du als nächstes tun musst. Du brauchst dafür keine unnötige kognitive Energie.
  • Zudem machst du dir den Zeigarnik-Effekt zunutze, wonach das Hirn gerne angefangene Dinge zu Ende bringt. Unfertigen Dingen schenkt unser Hirn mehr Beachtung, weswegen alles Unfertige stört und behoben werden will. Dieser Drang gibt dir einen Energieschub, der dir hilft, die Aufgabe zu beenden.

Ich schaue jetzt auf die Uhr….es ist 14.44 Uhr. Ich habe den letzten Teil dieses Artikels tatsächlich nach der Mittagspause geschrieben. Ich bin im Wissen in die Mittagspause gegangen, auf welche Punkte ich noch eingehen will. Das ging alles ganz fix und ist mir viel leichter gefallen, als wenn ich mich ganz was Neuem hätte widmen müssen. Funktioniert!

ÜBER IVAN BLATTER

Ivan Blatter
Ivan Blatter

Ich bin seit 2008 Produktivitätscoach und führe meine Kunden zu mehr Selbstbestimmung und Freiheit in ihrem Business.

  • Ich helfe einerseits Solopreneuren, Selbstständigen und Unternehmern, ihr Zeit- und Selbstmanagement in den Griff zu bekommen, so dass sie mehr Freiraum haben.
  • Andererseits helfe ich meinen Kunden, über sich hinauszuwachsen, damit sie das erreichen, was sie wirklich wollen.

Mit meinem umfangreichen Blog, meinem erfolgreichen Podcast und meinem Buch "Arbeite klüger – nicht härter" habe ich schon tausenden Menschen weiterhelfen können.

Daneben helfe ich aber auch Menschen, die schnell und gezielt vorwärts kommen wollen, mit meinen Angeboten.

Immer getreu meinem Motto: Nutze deine Zeit, denn sie kommt nie wieder.