Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich gerne und vor allem freiwillig am Morgen früh aufstehe, sogar am Wochenende. Bin ich deshalb extrem diszipliniert?
Nein, ich halte mich nicht für einen sehr disziplinierten Menschen, auch wenn ich schon versuche, bewusst meine Disziplin zu trainieren. Hier geht es jedoch um andere Dinge als Disziplin, nämlich um folgende drei Punkte:
- das bewusste Berücksichtigen meiner Art
- das bewusste Trainieren der Dinge, die mir wichtig sind
- das bewusste Gestalten meiner Zeit
Ich will dir im Folgenden zeigen, weshalb ich am Morgen mit Vergnügen um 5 Uhr aufstehe und was du für dich daraus mitnehmen kannst, ohne dass auch du zum freudigen Frühaufsteher werden musst.
Selbst wenn die Form für dich nicht passt, können die Gründe dahinter trotzdem interessant für dich sein. So würde ich mich z.B. nie und nimmer mehr auf Papier organisieren wollen, aber ich habe Kunden, die das erfolgreich tun und da schaue ich gerne hin und überlege mir, was ich für mein System damit mitnehmen kann.
Diesen Inhalt gibt es übrigens auch zum Anschauen im Rahmen meiner regelmäßigen YouTube Lives – auch genannt #blatterbewegt:
Das Berücksichtigen meiner Art
Mein Vorteil beim Frühaufstehen ist ganz klar, dass ich ein Morgenmensch bin. Das liegt bei uns schon in der Familie.
Im Gymnasium hatte ich meine Bücher auf dem Nachttisch liegen. Ich stellte dann den Wecker immer sehr früh ein und war gefühlt 10 Sekunden nach dem Klingeln schon am Lernen.
In meiner Studienzeit hatte ich sogar mal versucht, meinen Rhythmus zu wechseln, weil ich das Bild vom Studenten im Kopf hatte, der abends lange aufbleibt und die halbe Nacht durch feiert oder durch lernt und morgens lange schläft. Dieses Experiment hatte ich jedoch relativ schnell wieder aufgegeben, weil es einfach völlig gegen meine persönliche Art war.
So hat jeder seine persönliche Art. Du bist vielleicht ein Nachtmensch oder etwas zwischen Nacht- und Morgenmensch. Dann fällt es dir natürlich nicht so leicht, am Morgen aus dem Bett zu steigen, und das macht auch nichts.
Viel wichtiger ist der Rhythmus. Wir Menschen sind rhythmische Wesen. Wir leben dann ein artgerechtes Leben, wenn wir einem Rhythmus folgen, d.h. wenn wir nach Möglichkeit jeden Tag etwa zur selben Zeit ins Bett gehen und etwa zur selben Zeit aufstehen. Das führt bei mir tatsächlich dazu, dass ich nicht immer, aber sehr häufig auch am Wochenende oder im Urlaub bereits um 5 Uhr aufstehe – einfach, weil ich es will und weil ich es kann, nicht weil ich muss.
Ich versuche also, meiner persönlichen Art zu folgen und stehe deshalb als Morgenmensch auch früh auf.
Das Trainieren der Dinge, die mir wichtig sind
Ich bin von zwei Dingen überzeugt:
- Unsere Emotionen, unsere Stimmung und unser Mindset sind Muskeln, die wir trainieren können und sollten.
- Die Zeit am Morgen bestimmt den Charakter des Tages.
Aus dieser Denkweise folgt für mich ganz klar, dass ich die Zeit am Morgen nutzen will, um meine Emotionen in die richtige Bahn zu lenken, meine Einstellungen zu trainieren und mich so gut und positiv für den Tag aufzustellen.
Ein solches Morgenritual benötigt weniger Zeit, als man vielleicht annehmen mag. In meinem Podcast habe ich über mein Morgenritual über die Jahre hinweg öfters mal gesprochen. Selbstverständlich habe ich mein Ritual auch immer wieder angepasst, so dass es für mich gerade Sinn macht. Heute dauert es rund zehn Minuten und sieht wie folgt aus:
- Ich starte mit einer Atemübung relativ bald nach dem Aufstehen, damit mein Körper aufgeweckt und mit genug Sauerstoff versorgt wird.
- Anschließend mache ich während drei Minuten eine kleine Dankbarkeitsübung. Diese setzt einen Grundton für den Tag, denn wenn wir dankbar sind, dann können wir nicht traurig, nicht wütend, nicht deprimiert sein oder schlechte Laune haben. Dankbarkeit ist ein gutes Mittel gegen ganz viele negative Dinge.
- Danach verbinde ich mich während drei Minuten mit dem größeren Ganzen oder mit Gott, wie auch immer du das nennen möchtest.
- Zum Schluss visualisiere ich für weitere drei Minuten meinen Tag und meine Ziele, meine Vision für mein Leben.
Auf diese Weise trainiere ich nicht meine physischen Muskeln, sondern meine emotionalen Muskeln. Ich spüre jeden Tag, wie gut mir das tut, und wenn ich zurückblicke auf die Zeit seit ich diese Form des Morgenrituals mache, merke ich, was sich da bei mir alles zum Positiven verändert hat.
Nach dem emotionalen Muskelspiel folgt das physische: Anschließend gehe ich nämlich zum Sport. Sport ist mir extrem wichtig. Wenn ich mich körperlich nicht gut fühle, dann fühle ich mich auch seelisch-moralisch nicht gut. Deshalb ist es mir extrem wichtig, dass ich auch gut zu meinem Körper schaue.
Ich habe in der Vergangenheit verschiedene Zeiten im Laufe des Tages für meinen Sport ausprobiert. Ich dachte zuerst, dass es wenig Sinn macht, meine beste Zeit des Tages für Sport zu nutzen; ich dachte, es wäre besser, ich würde in einem eher unproduktiven Tief zum Sport gehen. Weit gefehlt! Am besten funktioniert bei mir der Sport am Morgen früh, das heißt meistens bin ich dann so zwischen 5:45 Uhr und 6 Uhr in meinem Fitnessstudio.
Das ist ein Puzzleteil auf dem Weg, mich wirklich gut für den Tag aufzustellen. Danach bin ich voller Power und kann gut in den Tag starten. Deshalb habe ich auch ein großes Commitment dafür und brauche dann in der Regel auch keine Überwindung.
Das Gestalten meiner Zeit
„Nutze deine Zeit, denn sie kommt nie wieder“ ist nicht nur eine Floskel für meine Kunden, sondern ich nehme mir das für mich selbst sehr zu Herzen.
So versuche ich, in Investitionen zu denken. Das hilft mir, wenn ich was tun muss, worauf ich im Moment keine Lust habe, das aber getan werden soll. Wenn ich mir den Wert der Investition vorstelle, macht es plötzlich großen Sinn das eben zu tun, was mir im Moment keinen Spaß bereitet.
Banales Beispiel aus dem Alltag: Aufs Zähneputzen habe ich eigentlich nie Lust, aber wenn ich diese Zeit jetzt investiere, dann habe ich später keine Probleme mit meinen Zähnen.
Das funktioniert auch bei meinem Morgenritual und dem Sport. Commitment hin oder her, manchmal grüßt der innere Schweinehund und dann grüße ich freundlich zurück und mache mir bewusst, welche Früchte meine Investition tragen wird. Das reicht in der Regel dann auch. Zumal die zehn Minuten Investition ins Morgenritual, damit ich für den ganzen langen Tag gut vorbereitet bin, ja eigentlich ein No-Brainer sind.
Natürlich lass ich mich auch gerne mal treiben, aber dann ist es auch eine bewusste Entscheidung dafür, sich treiben zu lassen. Natürlich lasse ich auch mal die Seele baumeln. Natürlich lasse ich auch mal Langeweile zu, was übrigens sehr wichtig ist, aber das mache ich fast immer nach einer bewussten Entscheidung. Auch das gehört zu einer bewussten Gestaltung der Zeit.
Was bedeutet das für dich?
Ich bin ich und du bist du.
Was ich mache, funktioniert für mich, weil es für mich passt. Gehörst du von Natur aus auch zu den Morgenmenschen, kann das unter Umständen genau so auch für dich funktionieren. Wenn du aber ein Nachtmensch bist, dann kann ich dir garantieren, dass das nicht gut gehen wird.
Deshalb predige ich auch keine allein selig machenden Wahrheiten. Es gibt Grundregeln, die für alle gelten, aber keine Wahrheit, die für alle passt.
Wichtig ist, was dahinter steht. Mein Morgenritual ist so gestaltet, dass es mir zu einer positiven Grundstimmung verhilft, die sich dann so durch den Tag ziehen wird. Wenn du mit deiner Art, den Tag beginnen zu lassen, glücklich bist, dann ist das wunderbar.
Eigentlich geht es um die Frage:
Wie kannst du deinen Tag so starten, damit du dich gut fühlst und damit du das umsetzen kannst, was in dir steckt?
In dieser ersten Zeit des Tages kannst du für dich entscheiden, wie dein Tag im Grundton verlaufen wird, und wieviel Zeit du dir nehmen willst oder kannst, um das zu pflegen, was dir wichtig ist und dir gut tut.
„Nutze deine Zeit, denn sie kommt nie wieder“ bedeutet eben nicht, immer noch mehr in den Tag zu pressen, mehr zu strampeln, sich bis zur Aufopferung selbst zu optimieren und dabei immer schön zu lächeln.
Es geht darum, einen bewussten Umgang mit der Zeit zu finden, sich von der Organisation und dem Mindset her so aufzustellen, dass alles leichter geht, mit weniger Druck und mehr Zufriedenheit. So dass wir abends vor dem Einschlafen denken: „Das war ein richtig guter Tag.“