Veränderung muss nicht immer einfach sein – aber simpel. Ein Interview mit Heiko Schwardtmann

Warum ist es manchmal so schwierig, auf die Länge eine Veränderung hinzubekommen?

Warum fallen wir oft in alte Muster zurück? Warum? Ja, häufig liegt’s am “Warum”.

Und warum das so ist, das erzählt heute Heiko Schwardtmann, den ich zum Interview geladen habe.

Heiko Schwardtmann ist als High Performance Coach unterwegs und hilft Unternehmern, ihre Träume zu verwirklichen, ihre Gewohnheiten zu verändern und beruflich die nächste Stufe zu erklimmen.

Veränderung ist also definitiv ein Thema bei ihm. Er ist aber keiner von denen, die Erfolg auf Knopfdruck versprechen, sondern sein Prinzip ist: „Veränderung muss nicht immer einfach sein, aber simpel.“ Ein wunderbares Prinzip, wie ich finde.


Veränderung
© Ivan Blatter

Veränderung muss nicht immer einfach sein, aber simpel

In unserem Gespräch erfährst du…

  • …was es braucht, damit Veränderung überhaupt möglich ist,
  • …weshalb eben das “Warum” so wichtig ist,
  • …wie du mit Bremsern im Unternehmen umgehen kannst,
  • …wie man sich als Solopreneur selbst führen kann
  • …und vieles mehr.

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Das Gespräch zum Nachlesen

Veränderung muss nicht immer einfach sein - aber simpel. Ein Interview mit Heiko Schwardtmann
Heiko Schwardtmann
Ivan Blatter: Hallo und herzlich willkommen an dich und speziell auch an Heiko Schwardtmann. Denn der ist heute live hier, und ich darf ihm ein paar Fragen stellen. Heiko kenne ich schon seit vielen Jahren, und ich weiß gar nicht mehr genau, wie wir einander gefunden haben. Auf jeden Fall ist er ein sehr spannender Gesprächspartner. Er ist nämlich High Performance Coach und hilft Unternehmern, ihre Träume zu verwirklichen, ihre Gewohnheiten zu verändern und beruflich die nächste Stufe zu erklimmen. Veränderung ist also definitiv ein Thema bei ihm. Er ist aber keiner von denen, die Erfolg auf Knopfdruck versprechen, sondern sein Prinzip ist, „Veränderung muss nicht immer einfach sein, aber simpel“. Ein wunderbares Prinzip! Was dahinter steckt und wie Veränderung möglich ist, erzählt er im Laufe des Interviews am besten gleich selbst. #00:01:17-6#

Hallo lieber Heiko, schön, dass du hier bei mir bist. #00:01:21-0#

Heiko Schwardtmann: Hallo Ivan, danke, dass ich hier sein darf. #00:01:24-0#

Ivan: Gerne. Lass uns direkt in die Mitte des Kernthemas einsteigen, und ich beginne mit der Frage: Wie ist Veränderung überhaupt möglich? Braucht es dafür irgendeine Basis oder Grundlage? #00:01:35-7#

Heiko: Ja. Das Allerwichtigste ist: Ich muss es wollen. Das ist auch gleichzeitig der allergrößte Stolperstein. Das ist der Grund, warum die Menschen ein Ziel oft nicht erreichen. Und wenn ich etwas wirklich will, dann benötige ich dafür natürlich weitere Faktoren. #00:02:00-0#

Ivan: Welche denn? #00:02:02-4#

Heiko: Ach so, ja natürlich! (Lacht) Ich brauche zunächst Selbstdisziplin, um an der entsprechenden Sache dranzubleiben, die ich verändern will. Wenn du beispielsweise fit werden willst und dafür bereit bist, laufen oder schwimmen zu gehen, dann brauchst du die Disziplin, das regelmäßig zu tun. Dann wird im weiteren Verlauf garantiert immer mal wieder ein Stolperstein auftauchen, und da benötige ich Flexibilität. Ich muss in der Lage sein, flexibel zu reagieren und Dinge anpassen zu können. Und als Drittes benötige ich Offenheit. Ich muss offen sein für Dinge, mit denen ich anfangs nicht gerechnet habe. Es taucht immer wieder etwas auf, was ich überhaupt nicht einkalkuliert habe, und dafür ist die Offenheit wichtig. #00:02:55-5#

Ivan: Verstehe. Zunächst muss man etwas wirklich wollen. Dann braucht es Selbstdisziplin, Flexibilität und Offenheit. Ich persönlich habe ein bisschen Mühe mit dem Wort „Disziplin“. Das klingt für mich nach Armee, Militär und zusammengebissenen Zähnen. Das ist das Gegenteil von dem, was ich mit Spaß verbinde. Wie siehst du die Disziplin? #00:03:17-0#

Heiko: Das ist natürlich eine fiese Frage. Alles, was du erreichen willst, erreichst du über die Dinge, die du regelmäßig tust. Nenne es Gewohnheit, Routine oder Training, wie auch immer. Und um etwas regelmäßig zu tun, bedarf es Disziplin. Es gibt den schönen Spruch, „die Dinge sind nicht wirklich schwer zu erreichen“. Sagen wir mal, du willst Medizin studieren. Da sagen viele, „um Gottes Willen, Medizin!“ Wenn man es herunterbricht, besteht das Medizinstudium aus dem Lesen von Büchern, aus Lernen und dem wiederholten Anwenden. Das kann im Grunde genommen erstmal jeder. Aber es hat nicht jeder die Disziplin, es jeden Tag zu tun. Und vorausgesetzt, ich habe die Disziplin kombiniert mit dem Willen, Medizin studieren zu wollen, dann muss ich das regelmäßig tun, denn sonst passiert keine Veränderung. Das trifft auch auf die anderen Bereiche des Lebens zu, ganz egal, ob es darum geht, sportlich zu werden, abzunehmen oder beruflich irgendwo hinzukommen. Ich werde es nicht hinkriegen, wenn ich es nur einmal im Monat mache. #00:04:28-4#

Ivan: Dranbleiben ist sicher ein wichtiger Faktor. Ich glaube, es braucht die Disziplin, um zu starten. Man macht etwas ganz Neues, aber wenn es einem danach gelingt, das Ganze in Gewohnheiten umzumünzen, dann braucht man eigentlich gar keine Disziplin mehr. Und wenn man ein starkes „Warum“ hat, also eine Antwort auf die Frage, warum ich etwas tun will, dann kann die Gewohnheit mit der Zeit die Disziplin ersetzen. Siehst du das auch so? #00:04:56-0#

Heiko: Ich sehe es ähnlich. Die meisten Menschen haben gar keine große Schwierigkeit mit der Disziplin, wenn sie etwas Neues anfangen wollen. Denn wenn ich etwas verändern will, dann bin ich bereits motiviert, entweder, weil ich von irgendetwas genug habe oder weil ich unbedingt etwas erreichen möchte. Zunächst hat man Anfangserfolge, und alles läuft, aber irgendwann kommt das erste Hindernis, und dann hören die meisten auf. Und da kommt das rein, was du gerade erwähnt hast, ich brauche dieses starke „Warum“. Das heißt, wenn ich anfange, mit jemandem zu arbeiten, dann möchte ich genau wissen, um was es geht. Und dabei helfe ich den Leuten, indem ich einfach nachfrage. Und dann möchte ich das „Warum“. Dann muss sich derjenige ein „Warum“ suchen oder wir können es eigentlich gleich bleiben lassen, denn wenn das „Warum“ nicht stark ist, wird das ganze Ding bei den ersten Hürden zusammenfallen. Das ist die Erfahrung, die ich mit den Menschen gemacht habe. Das „Warum“ muss stark sein. #00:05:56-6#

Und ich glaube, wenn man sich darüber vorher Gedanken macht, dann ist man erstens vorbereitet und zweitens fängt man die Dinge, die man nicht wirklich will, auch gar nicht erst an. Man fängt nicht immer etwas an und bricht es dann wieder ab. Ein ganz einfaches Beispiel. In meinen Workshops frage ich, „angenommen, du gewinnst im Lotto. Was dann?“ Viele sagen, dass sie sich dann irgendein Auto kaufen, zum Beispiel einen schönen Porsche. Ich frage sie dann, „warum denn?“ Sie denken nach, und das ist das erste Mal, wo sie wirklich nachdenken, und dann kommt als Antwort, „eigentlich brauche ich gar keinen Porsche“. Das ist dann gleich die zweite Antwort, aber der erste Impuls ist, sich ein schickes Auto kaufen zu wollen. Und wenn man das im Vorfeld gedanklich durchgeht, dann ist man schon ein ganzes Stück weiter als wenn man einfach blind loslegt. #00:06:49-7#

Ivan: Diese Frage nach dem „Warum“ stelle ich auch gerne bei meinen Produkten, und zwar nicht einfach nur „warum“, sondern danach nochmal, „und warum das?“ Und irgendwann kommst du wirklich zu dem Kern, warum die Leute etwas wollen. Oder sie finden keine gute Antwort und erkennen, dass sie das eigentlich gar nicht brauchen. Genauso, wie du es gerade mit dem Porsche beschrieben hast. Einer deiner Leitsprüche lautet, „Veränderung muss nicht immer einfach sein, aber simpel“. Kannst du dazu etwas sagen? Was meinst du damit? #00:07:23-3#

Heiko: Das ist nicht von mir, ich habe es selbst aus dem Englischen. Damit ist folgendes gemeint. Gerade habe ich das Beispiel mit dem Medizinstudium beschrieben. Ein Buch lesen, immer wieder, so lange, bis ich es verstehe, das ist eine simple Sache. Im Alltag ist es aber gar nicht so einfach. Dort habe ich Ablenkung, mir fehlt vielleicht der innere Antrieb, zwischendurch kommt jemand und sagt, „lies doch lieber dieses Buch, das ist viel spannender“. So eine simple Sache ist in der Umsetzung nicht immer einfach, und zwar aufgrund anderer Faktoren. Und diese Faktoren, dazu kann ich selbst gehören, ich kann mir selbst im Weg stehen. Es gibt schließlich genug Menschen, die sich selbst immer wieder manipulieren. Oder es ist eine Form von Ablenkung, die von außen kommt. Wenn jemand abnehmen möchte, dann ist das eine simple Sache. Ändere deine Ernährung und mach Sport, das ist ganz simpel. In der Umsetzung ist es aber nicht ganz so einfach. Vielleicht weil meine Familie gerne ungesund isst und wir immer zusammen essen. Vielleicht bin ich sehr wehleidig und rede mir bereits nach einigen hundert Metern ein, dass mir alles wehtut. So wird eine simple Sache in der Umsetzung nicht ganz so einfach. #00:08:56-2#

Wenn etwas bereits von Anfang an, im ersten Schritt nicht simpel ist, dann würde ich es gar nicht anfangen, denn dann wird das Problem in der Umsetzung noch größer werden. Deswegen sollte die Sache erst einmal simpel sein. Und ich denke auch, dass das im Geschäftsleben ganz wichtig ist. Wenn ich nur für einen Erklärungsansatz eine halbe Stunde brauche, dann hört mir keiner zu. Das ist zu viel. #00:09:27-5#

Ivan: Das hat auch etwas damit zu tun, was wir am Beginn erwähnt haben, Flexibilität und Offenheit. Aber irgendwann kommen Stolpersteine, mit denen man nicht gerechnet hat. Und wenn das ganze Vorhaben bereits extrem komplex ist, dann wird es unglaublich schwierig. #00:09:44-9#

Du hast gerade einige Beispiele für Privatpersonen aufgezeigt, aus dem Sport, beim Abnehmen und so weiter. Das eignet sich natürlich gut, um mögliche Schwierigkeiten zu illustrieren. Aber du arbeitest auch mit Unternehmen zusammen, deine Kunden sind Unternehmen oder Unternehmer. Wie gehst du hier vor? Einen einzelnen kannst du fragen, warum er etwas will, aber wie gehst du bei einem Unternehmen vor, das sich komplett neu ausrichten will? #00:10:12-3#

Heiko: Da führe ich das Gespräch mit dem Chef! (Lacht) Es hängt natürlich davon ab, was derjenige, der an der Spitze steht, möchte, ob er etwas für sich selbst möchte, was immer auch Auswirkungen auf das Unternehmen hat. Wenn ich an der Spitze stehe und eine Idee habe, einen Impuls, dann wird sich das natürlich auf mein Unternehmen übertragen. Ganz klar. Oftmals frage ich aber auch, was genau sie sich vorstellen. Gibt es Dinge, die im Unternehmen bereits ausprobiert wurden und die nicht funktioniert haben? Das wird dann in einem Dialog erörtert. Mein Gegenüber bringt Vorschläge, und ich sage, ob ich diese als sinnvoll erachte. Bis wir dann etwas haben, von dem wir denken, dass es funktionieren könnte. Je größer Unternehmen sind, desto lieber machen sie das. Sie sagen beispielsweise, „das Team soll dies und jenes können“, und dann sitzt du mit dem Team zusammen, aber der Teamleiter ist gar nicht dabei. Dann hat das Team häufig in Bezug auf dieses Thema ein ganz anderes Wissen, und zum Teil sogar ein größeres Wissen, als der Teamleiter. Und das ist dann problematisch. #00:11:45-7#

Ein Unternehmer, der sich selbst etwas aufgebaut hat, ist meist seine eigene Triebfeder. Es gibt diesen Spruch, „der Fisch fängt am Kopf an, zu stinken“. Die Unternehmer sind meist die Köpfe, die fangen bei sich selbst an und übertragen das Ergebnis dann auf ihre Mitarbeiter und das Team. Und das ist ein sehr guter und effektiver Weg. #00:12:01-5#

Ivan: Wenn sich eine Gruppe oder sogar ein ganzes Unternehmen verändern will oder soll, weil der Chef es will, dann hast du mindestens einen Bremser, egal, ob die Gruppe aus vier Personen besteht oder aus vierhundert. Wie gehst du damit um? #00:12:18-5#

Heiko: Du meinst, wenn das zum Beispiel in einem Seminar auftritt oder in dem ganzen Prozess? #00:12:23-9#

Ivan: In dem ganzen Prozess. #00:12:26-3#

Heiko: Häufig frage ich vorher schon den Chef, die Führungsperson oder den Teamleiter, ob es solche Leute gibt. Manchmal gibt es sie, manchmal nicht. Ich schiebe die Verantwortung ab, weil es eine Veranstaltung ist, wo die Kundenseite eine Veränderung möchte, für die sie auch bezahlt. Ich frage, „möchtest du ihn dort drin haben, ja oder nein?“ Und dann sind wir meist schon auf einer ganz anderen Ebene, wo es heißt, warum ist derjenige überhaupt hier im Unternehmen, wenn er ein solcher Bremser ist? Womit wir schon eines der Probleme angesprochen haben. Da ist es für mich interessant zu sehen, wie derjenige damit umgeht. Besonders bei größeren Unternehmen hört man dann, dass der Mitarbeiter schon so lange im Unternehmen sei, und dass man ihm deshalb eine große Abfindung zahlen müsse. Meine Frage ist dann, kostet es nicht mehr, wenn diese Person jeden Tag die Motivation der anderen Mitarbeiter kaputt macht? Wenn jeder Kunde, der auf ihn stößt, eine negative Rückmeldung bekommt? Dann kommt man an Grundsatzdiskussionen. #00:13:35-4#

Wenn das in einer Schulung passiert, dann versuche ich, situationsbedingt unterschiedlich zu reagieren. Je nachdem, was diese Person macht, reagiere ich mit Humor oder Ignoranz. Häufig ist es so, dass die Gruppe diesen Bremser selbst einfängt. Jemand macht einen blöden Kommentar, und dann sagt ein anderer aus der Gruppe, „jetzt halt doch mal den Mund“, also Sachen, die ich nicht sagen würde. Ich hatte das bisher ganz selten. Einmal fand sich ein Teilnehmer unglaublich witzig und machte immer wieder Sprüche, die aber leider gegen das Thema der Schulung gingen. Und ich habe ihn dann irgendwann angeschaut und habe gefragt, „ist das jetzt dein Ernst? Was ist der Sinn und Zweck dieses Beitrags?“ Und den hatte er nicht, und dann war er ein bisschen beleidigt. Nach der nächsten Pause hatte es sich dann gedreht. Und wenn es hart auf hart kommt, dann bitte ich die Leute, den Raum zu verlassen. Wenn es ihnen offensichtlich nichts bringt und sie nur stören wollen, dann hat die Person selbst auch nichts davon. Niemand hat irgendetwas davon, und in dem Fall bitte ich die Leute dann, zu gehen. #00:14:52-9#

Ivan: Eine gute Strategie, die ich auch schon umgesetzt habe. Meine Erfahrung ist ebenfalls, dass die Gruppe häufig das Ganze abbremst oder auffängt, und das finde ich immer ganz toll und erstaunlich. Es ist auch gut für die Situation an sich, wenn es nicht der Lehrer da vorne machen muss, der sozusagen den Leuten auf die Finger klopft. Sondern wenn die Gruppe sagt, „lass das doch, wir haben hier etwas, woran wir arbeiten wollen“, das ist natürlich großartig für den Trainer. #00:15:21-5#

Heiko: Ich habe eine solche Situation schon erlebt, bei einem großen deutschen DAX Konzern. Die Leute werden meist auf solche Seminare hingeschickt. Und schon beim Reinkommen sagte der erste, „wann machen wir denn heute Schluss? Wäre es okay, wenn ich etwas früher gehe, damit ich die und die Bahn kriege?“ Jetzt weiß ich natürlich, dass viele denken, dass sie auf einem Seminar machen können, was sie wollen. Ich antwortete, „du bist ein erwachsener Mensch, und wir sind hier nicht in der Schule. Du kannst gehen, wann du willst. Du kannst auch jetzt gehen. Ich gehe davon aus, dass du dich mit deiner Führungskraft abgestimmt hast, und dann ist das kein Problem für mich. Ich werde es natürlich vermerken, wenn du früher gehst, denn wenn keiner weiß, wo du bist, ist es schlecht.“ Und dann ist das Thema meist gegessen. (Lacht) #00:16:19-8#

Ivan: Sehr schöne Strategie. Lass uns den Blickwinkel wechseln von Heiko dem Trainer und Unternehmer hin zu Heiko, dem Menschen. Was waren in deinem Leben die größten Aha-Erlebnisse, die dich vorwärtsgebracht haben? #00:16:38-8#

Heiko: Einzelne Erlebnisse kann ich jetzt schwer aufzählen, aber es gibt auf jeden Fall eine wichtige Erfahrung, die ich gemacht habe. Ich habe viereinhalb Jahre in Australien gelebt und studiert. Diese Zeit war sehr prägend. Ich würde jedem empfehlen, eine Zeitlang ins Ausland zu gehen, völlig egal, in welches Land. Du machst Erfahrungen und erhältst Einblicke, die du nie bekommen kannst, wenn du die ganze Zeit in deinem eigenen Land bleibst. Das waren verschiedene Dinge, zum Beispiel, wie sehen die Menschen dort die Europäer oder die Deutschen im Speziellen? Auch, dass man auf sich alleine gestellt ist, das ist eine wichtige Erfahrung. Ich war zweiundzwanzig, als ich nach Australien gegangen bin, und in dieser Zeit habe ich eine Menge Erfahrungen gesammelt, über die ich auch rückblickend immer wieder sage, dass das, was ich gerade denke oder mache, seinen Ursprung in dieser Zeit hat. #00:17:49-5#

Es gibt natürlich noch andere Erlebnisse, die einen prägen, beispielsweise die Geburt der Kinder oder Umzüge und Projekte. Das sind alles Erfahrungen. Ich habe kein spezielles Aha-Erlebnis, ich versuche, aus möglichst vielen Erlebnissen etwas mitzunehmen. Aber der Auslandsaufenthalt war definitiv eine ganz, ganz große Sache, die für alle weiteren Dinge in meinem Leben sehr prägend war. #00:18:18-5#

Ivan: Sehr schön. Du bist selbständig, das heißt, du musst dich auch selbst führen. Du hast keinen Chef, höchstens vielleicht eine Frau oder deine Kunden. #00:18:29-5#

Heiko: Na, na, na! (Lacht) #00:18:29-5#

Ivan: (Lacht) Aber du hast keinen formalen Chef. Da stellt sich natürlich die Frage, wie führst du dich selbst? #00:18:39-2#

Heiko: Wie führe ich mich selbst? Ich überlege mir, was ich will, und ich breche es herunter. Ich sehe sowohl bei anderen als auch bei mir selbst, dass Resultate nur zustandekommen, wenn du jeden Tag etwas tust. Nehmen wir das Wochenende aus, das gilt natürlich nicht für den Sonntag. Ich bin der Meinung, dass man jeden Tag etwas für sein Ziel tun muss. Ich mache mir einen Plan, was ich bis wann schaffen möchte. Das kann ein Datum sein, „in dreißig Tagen“, es kann aber auch ein Plan für den Tag oder für die Woche sein. Es sollte in verdauliche Häppchen heruntergebrochen sein, und dann gehe ich diesen Sachen nach. So weiß ich, wo ich stehe, und außerdem erreiche ich dadurch immer wieder kleine Erfolgsmeilensteine. Wenn ich zum Beispiel einen Newsletter schreiben möchte, dann schreibe ich ihn, und wenn er fertig ist, mache ich einen Haken an die Aufgabe und habe für diesen Tag bereits ein Erfolgserlebnis, auch wenn der Rest des Tages nicht so läuft, wie ich es mir vorgestellt habe. Am Ende des Tages neigt man oft dazu, sich zu sagen, man hätte nichts geschafft, aber das ist Quatsch. Und wenn ich dann zurückschaue und erkenne, dass ich vielleicht nicht alles geschafft habe, was ich mir vorgenommen habe, aber doch die kleinen Erfolge erkenne, dann ist das ganz wichtig. Das ist die Kombination, mit der ich mich selbst führe. Ich versuche, sehr diszipliniert vorzugehen, und ich versuche auch, mir Disziplin in anderen Bereichen anzueignen, nicht nur in Dingen, die die Arbeit betreffen. #00:20:21-3#

Ivan: Was meinst du damit, kannst du ein Beispiel nennen? #00:20:24-9#

Heiko: Ja, zwei. Ich stehe morgens sehr früh auf und gehe zum Sport. Konkret heißt das, mein Wecker klingelt kurz vor 05:00 Uhr. Ich stehe dann nicht sofort auf, sondern brauche in paar Minuten. Aber kurz nach 05:00 Uhr stehe ich auf, mach mich fertig und gehe zum Sport. Ich mache das gerne und finde es für mich wichtig. Ich gehe gerne früh, weil mich das weniger Zeit kostet, und ich habe es dann für den Rest des Tages nicht mehr im Hinterkopf, den Gedanken, dass ich noch zum Sport gehen muss. Es ist leer, ich kann morgens gut parken, weil dort erst ab 08:00 Uhr Parkverbot ist. Das sind viele kleine Vorteile. Es ist leer, ich kann in Ruhe duschen, und zu einem Zeitpunkt, wo andere noch nicht mal aufgestanden sind, habe ich bereits Sport gemacht, bin frisch geduscht und kann loslegen. #00:21:14-7#

Und da kommen immer mehr Kleinigkeiten hinzu. Vor einem Jahr habe ich angefangen, kalt zu duschen, was definitiv nicht immer angenehm ist. Wenn ich am Wochenende zum Beispiel nicht zum Sport gehe, dann klettere ich aus dem warmen Bett, gehe ins Bad, und dann ist mir eigentlich schon kalt. Und mich dann unter die kalte Dusche zu stellen, das ist schon eine Herausforderung. Und wenn man das jeden Tag macht, dann entwickelt man auch in anderen Bereichen Disziplin. Wenn du dich im Winter bei minus fünfzehn Grad unter eine kalte Dusche stellen kannst, dann sind andere Dinge dagegen ein Klacks, zum Beispiel, irgendetwas auszuarbeiten. #00:22:06-3#

Ivan: Das mit dem kalten Duschen habe ich übrigens auch gemacht, ich habe es dann aber wieder verloren. Das Lustige war, ich war mal bei meinen Eltern, und die wohnen wirklich mitten in den Schweizer Alpen. Und das Wasser dort ist wirklich kalt. (Lacht) #00:22:22-0#

Heiko: Ich habe es in Österreich gemacht, das Wasser ist dort sehr kalt. #00:22:24-3#

Ivan: Und wenn du das schaffst, dann kann dich definitiv nichts mehr bremsen. #00:22:29-1#

Heiko: Ich habe damals dummerweise Ende Januar damit angefangen. Es ging schrittweise, und bis ich dann wirklich bei der kalten Komplettdusche war, hatten wir März. Und ich habe mir gesagt, wenn ich es für ein Jahr durchhalte, wenn ich durch den nächsten Winter komme, nachdem es im Herbst langsam kälter geworden ist, dann habe ich es geschafft. Und das hat auch funktioniert. Das Wasser ist im Winter definitiv kälter und unangenehmer, aber du bekommst daraus einen ganz besonderen Kick. Ich fühle mich danach richtig gut. Ich mache es nicht, um mich zu quälen, sondern weil es für den Körper sehr gut ist. Und daraus ziehe ich mehr Willen und Disziplin, um es auch weiterhin zu tun. #00:23:15-1#

Ivan: Sehr schön. Du hast vorhin über die kleinen Erfolgserlebnisse gesprochen, die dich vorwärtsbringen und die dir am Ende des Tages ein gutes Gefühl geben. Selbst, wenn nicht alles gut lief, hast du eine Liste von Erfolgserlebnissen, an denen du dich festhalten kannst. Und da gibt es ein wunderbares Video, das verlinke ich gerne in den Show Notes. Das ist von einem amerikanischen General, der sagt, „mach jeden Morgen dein Bett“. Das kennst du, nicht wahr? #00:23:37-6#

Heiko: Ja. (Lacht) #00:23:38-2#

Ivan: Ich will es kurz für unsere Zuhörer schildern, denn das ist wirklich großartig. Er hat diese Gewohnheit natürlich aus seiner Militärzeit übernommen und empfiehlt sie jedem. Wenn du gleich morgens dein Bett machst, dann hast du bereits etwas erledigt an diesem Tag, und selbst, wenn dein Tag später komplett den Bach runtergeht, du kommst abends in dein Schlafzimmer und siehst, „das habe ich gemacht, das habe ich erfolgreich geschafft“, und das gibt dir ein gutes Gefühl, sowohl nach dem Aufstehen als auch abends, wenn du den Tag abschließt. Und das finde ich wirklich toll. Es ist eine kleine, simple Gewohnheit, die psychologisch einen großen Unterschied machen kann. #00:24:12-6#

Heiko: Auf jeden Fall, und solche Beispiele gibt es eine ganze Menge. Du kannst nach dem Frühstück deine Sachen sofort in den Kühlschrank zurückstellen und das Geschirr abwaschen. Oder du räumst deine Einkäufe gleich weg, wenn du vom Supermarkt nach Hause kommst. Ein deutscher Speaker, Ilja Grzeskowitz, der hat mir erzählt, dass er alles, was er innerhalb von fünf Minuten erledigen kann, sofort tut, sobald ihm der Gedanke kommt. Wenn er beispielsweise sieht, dass der Mülleimer voll ist, dann bringt er ihn sofort weg. Das ist eine Sache, die keine fünf Minuten dauert. Das ist gut, denn damit verschwendet er keine Zeit. Muss er hingegen zum Einkaufen fahren, dann ist das eine Sache, die nicht in fünf Minuten erledigt ist. Das ist ein großartiger Tipp, wenn du es in den nächsten fünf Minuten erledigen kannst, dann erledige es sofort. #00:25:13-0#

Ivan: Ilja Grzeskowitz, für die, die ihn nicht kennen, er ist ein Speaker, der sich auch mit dem Thema „Veränderung“ auseinandersetzt. Inzwischen ist er sogar ein internationaler Speaker, der auf der ganzen Welt zu Hause ist. Er spricht auf Deutsch und natürlich auch auf Englisch. Ein toller Typ, den man sich gerne mal anschauen kann. Ich setze auch einen Link in die Show Notes, falls sich jemand für ihn interessiert. Er ist auch aus Berlin, nicht wahr? #00:25:38-2#

Heiko: Ja, er wohnt in Berlin. #00:25:42-7#

Ivan: Zum Abschluss habe ich noch eine ganz kleine, einfache Frage, nämlich: Warum tust du eigentlich das, was du tust? Was ist dein „Warum“? #00:25:50-2#

Heiko: Weil es einfach genau das ist, was ich machen möchte. Ich bin dort hingekommen über etwas, was ich nicht machen wollte, und das war zu meinem Glück schon sehr früh im Leben. Ich habe damals eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Dabei durchläufst du die einzelnen Abteilungen in einem Unternehmen. Dabei habe ich sehr schnell gemerkt, dass mir dieser Beruf nicht liegt und dass ich lieber etwas mit Menschen machen möchte. Dass ich dann in meinem jetzigen Bereich selbständig werde und mit Unternehmern arbeite, das kam erst mit der Zeit. Aber ich wusste sehr früh, was ich nicht machen wollte. Ich sage mir heute, wenn ich nicht gezwungen bin, etwas zu tun, aus welchen Gründen auch immer, dann mache ich es nicht. Ich sage beispielsweise nicht, „oh, das ist jetzt eine gute Gelegenheit“ oder „hier kann ich gutes Geld bekommen, aber ich mag den Job nicht“, das mache ich nicht, wenn ich nicht zwingend darauf angewiesen bin. Es kann mir jemand noch so viel Geld dafür bieten, natürlich in einem normalen Rahmen, ich sage trotzdem „nein“, weil ich denke, dass meine Lebensqualität und meine Zeit wichtiger sind. Die Zeit läuft immer weiter, und auch die Lebensqualität ist ganz, ganz wichtig. Ich vermeide möglichst alles, was mit Stress oder anderen negativen Dingen zu tun hat. #00:27:24-0#

Wenn ich von Menschen höre, „ich hasse meinen Job seit zehn Jahren“, dann frage ich sie, warum sie seit zehn Jahren dort hingehen. Und dann kommt als Antwort, „ich müsste mich ja woanders bewerben“. Aber wenn das das einzige Hindernis ist, dann kann es nicht so doll wehtun auf der Arbeit. Wenn es schlimmer ist, eine Bewerbung zu schreiben als zu dem Job zu gehen, den jemand angeblich so sehr hasst, dann ist das völliger Quatsch. Das kann man nicht ernst nehmen. Ob die Bewerbung erfolgreich wird und wie die Rahmenbedingungen dann schließlich sein werden, das ist etwas völlig anderes. Aber wenn die Erklärung lautet, dass man eine Bewerbung schreiben müsste, dann steht das nicht im richtigen Verhältnis zueinander. Das Thema „Lebensqualität“ ist für mich ganz, ganz wichtig, und ich versuche, es in alle Lebensbereiche zu integrieren. Das klappt nicht immer, manchmal muss man Dinge machen, die man nicht machen will, aber man kann sie reduzieren, wenn man versucht, die Kontrolle zu übernehmen. Und das versuche ich. #00:28:21-5#

Ivan: Absolut. Ein wunderbares Schlusswort. Lieber Heiko, vielen Dank, dass du alle meine Fragen beantwortet hast. Bis demnächst! #00:28:30-5#

Heiko: Sehr gerne, und ich danke dir, lieber Ivan. Dankeschön. #00:28:35-9#

Das war mein Gespräch mit Heiko Schwardtmann. Du findest die Links, über die wir gesprochen haben und auch den Link zur Webseite von Heiko in den Show Notes. Seine Webseite ist unter heikoschwardtmann.de zu finden. Herzlichen Dank fürs Zuhören. Die Show Notes zu dieser Folge findest du unter ivanblatter.com/podcast. Dort kannst du einfach die Folge anwählen, die dich interessiert. Mein Name ist Ivan Blatter, und ich bin Personal Trainer für neues Zeitmanagement. Ich freue mich, wenn du demnächst wieder reinhörst, wenn es heißt, „Einfach produktiv – Zeitmanagement und mehr“. Bis dahin, nutze deine Zeit, denn sie kommt nie wieder. #00:29:43-8#

ÜBER IVAN BLATTER

Ivan Blatter
Ivan Blatter

Ich bin seit 2008 Zeitmanagement-Coach und unterstütze Selbstständige dabei, durch strategisches Zeitmanagement mehr Klarheit, mehr Fokus und mehr Zeit für das zu schaffen, was wirklich zählt. Damit gewinnen sie die Kontrolle über ihre Zeit und Arbeit zurück und haben wieder den Freiraum, den sie brauchen.

Mit meinen Videos auf YouTube, meinem Podcast, meinem Buch "Arbeite klüger – nicht härter", und meinem Newsletter habe ich bereits tausenden Menschen geholfen, wieder mehr Klarheit, Fokus und Kontrolle über ihre Zeit zu erlangen.

Für alle, die gezielt und nachhaltig vorankommen möchten, biete ich mit meinem Angebot wirksame Lösungen für ein funktionierendes und nachhaltiges Zeitmanagement.

Immer getreu meinem Motto: Nutze deine Zeit, denn sie kommt nie wieder.