Viele Solopreneure arbeiten im Home-Office. Manchmal, weil sie müssen, häufig aber auch, weil sie wollen.
Welche Fallen im Home-Office auf dich warten und wie Bernd Geropp und ich damit umgehen, erzählen wir dir hier.
Produktiv Arbeiten im Home-Office
In diesem Doppelkick sprechen wir über:
- Kellerkind
- Espresso-Maschinen
- Unterschiedliche Orte für unterschiedliche Dinge
- Konzentrationstricks
- Mittagsschläfchen
- Arnold Schwarzenegger
- die Trennung von Arbeit und Freizeit
- Professionalität im Home Office
- Platz im Home-Office
- Rituale
- …und vieles mehr.
Vor kurzem habe ich mich auch mit Claudia Kauscheder über das Home-Office unterhalten. Hier findest du das Interview mit ihr.
Außerdem habe ich einen ausführlichen Artikel zum Home-Office geschrieben.
Das Gespräch zum Nachlesen
Ivan Blatter: Hallo Bernd, so von Home-Office zu Home-Office: Wie geht es dir heute?
Bernd Geropp: Mir geht es gut. Du weißt ja, ich bin ein Kellerkind, ich war aber vorhin kurz meinen Kaffee holen und habe oben gesehen, es regnet in Strömen, und jetzt bin ich eigentlich auch ganz froh, dass ich in meinem Home-Office kein Fenster habe und den Regen nicht sehen muss.
Ivan: Sehr schön. Bei uns ist inzwischen fast blauer Himmel. Es hat die ganze Nacht geregnet, also offenbar zieht das Wetter von Süden nach Norden.
Bernd: Wir haben jetzt das, was ihr in der Schweiz hattet, ja?
Ivan: So scheint es zu sein, ja. Viele Solopreneure wie du und ich, die arbeiten im Home-Office. Einfach, weil sie es mögen oder häufig auch, weil man sich zumindest zu Beginn nicht unbedingt ein eigenes Büro leisten will. Oft gibt es auch gar keine Notwendigkeit dazu. Ich beispielsweise empfange keine Kunden hier bei mir, ich gehe zu den Kunden an den Arbeitsplatz, zumindest bei den wenigen Live-Coachings, die ich hier in der Region überhaupt habe. Das meiste findet bei mir ohnehin online statt. Und das macht für mich auch Sinn, denn ich muss wissen, wie es beim Kunden aussieht. Wenn er mir sagt, “bei mir ist die perfekte Ordnung”, aber ich bin bei ihm im Büro und sage, “mach mal diese Schublade auf”, was ich durchaus ab und zu mal mache, dann kann das durchaus anders aussehen als es eigentlich ist. Und von daher gibt es für mich absolut keinen Grund, dass ich irgendwo ein externes Büro habe. Wie ist das bei dir, weshalb arbeitest du von zu Hause aus?
Bernd: Am Anfang war es sicherlich auch so, dass ich gesagt habe, ich habe keine Mitarbeiter, ich finde das eigentlich sehr angenehm, von zu Hause aus zu arbeiten. Und ich habe auch ein Haus, in dem ich mir im Keller ein schönes großes Büro einrichten konnte. Das heißt, als Erstes, gerade, wenn man als Solopreneur anfängt, achtet man auch extrem auf die Kosten. Und das sind einfach keine Fixkosten, die man hat, wenn man sein Büro zu Hause hat. Ich muss sagen, jetzt genieße ich das immer mehr. Als meine Frau sagte, “du könntest dir doch vielleicht auch ein Büro…”, entgegnete ich, “nein, ich bin eigentlich sehr gerne zu Hause”. Der Weg zur Kaffeemaschine, der Weg überhaupt irgendwohin ist sehr, sehr kurz. Und das genieße ich, muss ich sagen. Und deswegen bin ich ein Verfechter eines Home-Offices, zumindest für meine Person, das finde ich klasse. Und im Gegensatz zu dir habe ich durchaus hin und wieder auch Kunden hier, Coachees, das ist aber kein Problem. Ich finde das eigentlich sogar sehr angenehm, weil die Leute dann sehen, “aha, der hat nicht einfach nur ein Büro”. So kommen sie auch zu mir nach Hause und sehen, das ist ein Mensch wie du und ich. “Wie wohnt der? Ach schau mal, der hat Hunde, gut, die sind weggeschlossen”, die sehen sie nur durch eine Glastür. Es ist einfach eine schöne persönliche Sache, und das finde ich eigentlich sehr angenehm.
Ivan: Das hat natürlich etwas, vor allem, als Solopreneur bist du selbst ja eigentlich das Produkt. Die Leute wollen was vom Blatter oder vom Geropp und nicht von irgendeinem Unternehmen und irgendjemandem daraus. Das ist eine große Stärke von uns Solopreneuren, und so zeigst du auch mehr von dir und von deiner Persönlichkeit. Ich sehe das auch häufig bei Blogposts oder in meinen Produkten, wenn ich irgendetwas schreibe, dass die Leute dann fragen, “wie ist das eigentlich bei dir?” Beispielsweise das Morgenritual, worüber ich ab und zu mal etwas schreibe, da erhalte ich häufig die Frage, “hey sag mal, wie ist denn das bei dir, so ganz persönlich gefragt?” Und ich finde das dann auch immer schön, dass sich die Leute für den Menschen Ivan Blatter interessieren und nicht nur für den Trainer Ivan Blatter. Die dürfen auch durchaus hinter die Kulissen blicken, ich habe nichts zu verstecken oder so. Von daher ist das natürlich auch ein Vorteil des Home-Office. Und Stichwort “Kaffeemaschine”: Das ist auch etwas, was ich sehr, sehr schätze. Ich bin ein kleiner beziehungsweise ein großer Kaffee-Snob, ich trinke nicht jeden Kaffee, ich habe gerne einen richtigen italienischen Espresso, stark und kurz.
Bernd: Du hast auch eine richtige Espressomaschine, nicht wahr? So eine richtig tolle.
Ivan: So ist es, genau. Ich mahle meinen Kaffee auch noch von Hand. Das ist aber eher so ein Spleen.
Bernd: Das ist auch eine Art Ritual. Oder?
Ivan: Genau, und ich habe auch gerne Retro-Design bei der Kamera und schöne Füllfedern und alles Mögliche. Das traut man mir nicht so zu, aber ich bin nicht nur ausschließlich in der digitalen Welt unterwegs, ich habe auch Freude an schönen echten Dingen. Und das ist auch etwas, was ich schätze. Und was mir hier auch noch besonders gefällt: Ich wechsle häufig den Arbeitsplatz. Ich habe hier meinen Schreibtisch, an dem ich gerade sitze, aber ich habe beispielsweise mein Stehpult, ich habe hier in meinem Büro einen schönen roten Sessel, so einen Ohrensessel, auf den ich mich hinhocke wie ein Großvater, es fehlt nur noch die Pfeife! Oder manchmal nehme ich meinen Laptop und arbeite beispielsweise am Esstisch.
Bernd: Hast du bestimmte Phasen, zum Beispiel für die in deinem roten Sessel, dass du zum Beispiel sagst, “da setze ich mich hinein, wenn ich Brainstorming mache”? Oder wie machst du das?
Ivan: Das gibt es in der Tat. Mein roter Sessel, der ist mein Lese- und Weiterbildungssessel. Oder ich erledige dort häufig Dinge, für die ich nicht die volle Konzentration benötige. Vielleicht, wenn ich irgendetwas an der Webseite bastle oder so etwas. Ich glaube, das hat auch etwas mit der Körpersprache zu tun. Im Sessel sitzt du, bist ein wenig “zusammengelegt”. An meinem Schreibtisch sitze ich auf einem Stuhl ohne Lehne, das ist eine moderne Form eines Gymnastikballs, man ist ständig in Bewegung. Auf dem sitzt man automatisch gerade. Und dann hast du auch von der Körpersprache her eine ganz andere Alertness als wenn du einfach zusammengelegt im Sessel sitzt. Und am Stehpult, da schreibe ich häufig Blogartikel oder sonstige Inhalte, das ist mein Schreib-Ort. Und der Esstisch, das ist der Ort, an dem ich meinen Tag beginne. Ich komme vom Sport nach Hause, ich werfe die Kaffeemaschine an, und dann dauert es 15 Minuten, bis sie warm ist. Und in dieser Zeit setze ich mich gerne an den Esstisch und erledige eine wichtige Aufgabe und plane meinen Tag. Das ist der Platz, an dem ich also auch häufig schreibe. Es ist tatsächlich so, dass ich an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Dinge erledige. Das ist, glaube ich, etwas, was du nicht so kennst, du bist immer bei dir in deinem Büro an deinem Schreibtisch, gell?
Bernd: Ja, ich denke gerade darüber nach, prinzipiell hast du Recht, ich arbeite am liebsten am Schreibtisch. Allerdings gibt es diese Phasen, wo ich mir sage, “Mensch, jetzt überlege ich etwas”, zum Beispiel, wenn ich Coachees bei mir habe oder einen Kollegen, mit dem ich etwas bespreche. Dann muss ich aufstehen und durch den Raum laufen. Deswegen habe ich auch ein Flipchart und ein Whiteboard, auf denen ich herummale. Das sieht furchtbar aus, aber es hilft mir, mich zu konzentrieren und Dinge darzustellen. Wenn es um strategische Überlegungen geht und um Brainstorming, dann mache ich das in der Regel, indem ich stehe oder durch die Gegend laufe – im Büro selbst – und an den jeweiligen Boards herummale. Und es gibt noch einen dritten Platz, das ist mein Sofa, auf dem ich hin und wieder mal ein Schläfchen mache. Das sind meine drei Sachen.
Ivan: Das ist ein weiterer Vorteil meines Home-Offices, ich mache auch häufig ein Schläfchen, ein Mittagsschläfchen, ein Power Nap, also fast täglich, wenn ich hier bin. Aber dann gehe ich richtig ins Bett, also ins Schlafzimmer, und lege ich mich für 20 Minuten hin. Das ist auch wieder ein Vorteil des eigentlichen Home-Offices.
Bernd: Das gibt es bei mir auch, aber dann bin ich wirklich richtig platt, ansonsten reichen diese Power Naps auf dem Sofa.
Ivan: Ich glaube, da habe ich einen kleinen strategischen Nachteil. Wie du weißt, bin ich relativ lang, fast zwei Meter, und bei mir auf dem Sofa habe ich keinen Platz, um richtig bequem liegen zu können, ansonsten schmerzt mir alles von Kopf bis Fuß.
Bernd: Das ist dann nicht zielführend!
Ivan: Nein, definitiv nicht. Aber ich bin schon froh, dass ich hier mein eigenes Büro habe, das auch von den anderen Räumen abgetrennt ist. Abgesehen davon, wenn ich am Esstisch arbeite, das ist dann eine andere Geschichte. Meine Frau hat auch ein eigenes Büro, wir sind beide engagierte Hobby-Fotografen und haben, als wir uns für diese Wohnung entschieden haben, darauf geachtet, dass wir separate Büros haben. Das war bereits vor meiner eigentlichen Selbständigkeit. Und das war uns schon damals wichtig. Und jetzt ist es natürlich auch doppelt so viel Wert, denn wenn ich abends aus dem Büro gehe, dann bin ich Privatmensch, und hier in meinem Büro tue ich auch wenig bis gar nichts Privates, außer mal etwas am Computer. Aber trotzdem, das ist bei mir abgetrennt. Auch wenn meine Frau da ist und ich irgendein Webinar habe, dann kann ich beispielsweise auch die Türe schließen, ganz schlicht und einfach! Das ist jedoch nicht unbedingt notwendig, häufig sieht man auch Webinare, bei denen die Katze oder der Hund im Hintergrund durchläuft. Das trägt auch dazu bei, den Menschen dahinter zu erkennen und zu sehen, der lebt und arbeitet eben zu Hause. Aber ich glaube, die Trennung zwischen privat und beruflich, die physische Trennung, die ist ziemlich wichtig, damit einem dann auch die psychologische Trennung oder die Trennung von Arbeit und Freizeit besser gelingt.
Bernd: Das denke ich auch, vor allem, was Störungen angeht. Wenn die Katze im Hintergrund herumläuft, dann ist das nicht so tragisch, aber wenn jemand hereinkommt und sagt, “möchte noch jemand dies oder jenes?”, ob das der Partner ist oder die Kinder, dann reißt das einen immer wieder heraus, ähnlich wie ein Telefonanruf. Da finde ich es schon sehr gut, wenn es möglich ist, dass man einen eigenen Raum hat, den man abschließen kann. Ich weiß, dass das manchmal, vor allem am Anfang, eben noch nicht möglich ist, aber dann sollte man es zumindest so machen, dass man einen getrennten Raum oder einen abgetrennten Teil des Raumes hat, quasi wie eine getrennte Ecke. Ich erinnere mich an Pat Flynn, diesen großen amerikanischen Blogger, der hatte zu Beginn einfach eine kleine Ecke, in der er immer gebloggt hat. Davon hatte er Bilder gezeigt, und wenn ich mich recht entsinne, war das in einem normalen Wohnzimmer. Es war der Raum, in dem er gearbeitet hat und in dem er nicht gestört werden sollte. Es ist wichtig, dass man das mit den anderen Familienmitgliedern abspricht, “pass auf, wenn ich dies und jenes mache oder wenn ich mich zu einer bestimmten Zeit in diesem Raum befinde, dann bitte nicht stören”.
Ivan: Ich glaube, es hat eben beide Seiten, es ist für die Familienmitglieder wichtig, dass sie sehen, “oh, jetzt arbeitet er”, aber es ist auch für dich selbst wichtig, dass du weißt, es ist Arbeit, wenn du in dieser Ecke sitzt. Es ist nicht die Zeit, um im Internet zu surfen oder den nächsten Urlaub zu organisieren. Ich glaube, das hilft einem auch sehr, und das ist einer der Gründe, warum ich verschiedene Arbeitsplätze nutze und sie auch bewusst so einsetze. Dass ich zum Beispiel am Stehpult nur schreibe, und wenn ich mich dann an das Pult stelle, dann bin ich automatisch im Schreibmodus, ganz einfach!
Bernd: Das finde ich sehr geschickt, ja, das ist gut.
Ivan: Genau. Und ich käme nie auf die Idee, am Stehpult beispielsweise zu telefonieren oder zu podcasten. Das hat auch technische Gründe, weil das Mikro beim Schreibtisch steht und, und, und. Aber trotzdem, ich versuche, das bewusst so einzurichten und zu nutzen.
Bernd: Du kommst also quasi direkt in diesen Modus hinein? Wenn du am Stehpult stehst, weißt du, jetzt geht es ums Schreiben, und dann sind dein ganzer Körper und dein Geist bereits auf diese Sache eingestellt, wenn ich dich richtig verstehe?
Ivan: Ganz genau. Das ist häufig die Schwierigkeit bei Solopreneuren, wir haben die komplette Freiheit, wir können tun und lassen, was wir wollen, wenn wir nicht gerade einen Termin haben. Und häufig verlieren wir uns dann auch darin und denken, “oh, ich sollte wieder einen Blogartikel schreiben, aber ah, ich habe irgendwie keine Lust”. Und da helfen Routinen, so wie bei mir, dass ich einen festen Ort zum Schreiben habe. Das kann aber beispielsweise auch eine zeitliche Routine sein, dass man sagt, man schreibt zu Beginn jeden Tages erst einmal eine halbe Stunde lang oder immer vor dem Mittagessen. Das bringt auch einen Automatismus, dass man automatisch in diesen Schreibmodus kommt.
Bernd: Das finde ich gut. Es gibt eine Sache, die ich auch noch sehr wichtig finde, dass man zum Beispiel auch die Telefon- oder die Internetleitung trennt, besonders, wenn man wächst. Gerade, wenn man in der Familie ist und Kinder hat, kann das sehr sinnvoll sein. Vor allem, wenn die Kinder etwas älter werden und auch viel im Internet sind, dann ist es günstig, ich will es mal so formulieren, eine zweite Internetleitung zu haben. Das hat auch noch andere Vorteile, aber einfach diese Trennung zu haben, auch eine eigene Telefonleitung für das geschäftliche Büro, selbst, wenn es eigentlich zu Hause ist. Am Anfang mag man denken, dass das nicht so wichtig ist, aber aus eigener Erfahrung sage ich, doch, es wird mit der Zeit immer wichtiger, je älter die Kinder werden.
Ivan: Genau, beim Internet kann ich das sehr gut nachvollziehen. Ich finde, beim Telefon sollte man schon ab Tag 1 eine eigene Linie haben.
Bernd: Wenn es geht, ja.
Ivan: Das geht in jedem Fall. Wir wohnen hier zur Miete, wir haben eine Telefonlinie, wenn du so willst, aber meine Geschäftslinie, das ist Voice over IP, VoIP, das heißt, ich telefoniere über den Computer. Was den kleinen Nebeneffekt hat, dass, wenn ich irgendwo in einem Café sitze oder irgendwo im Ausland bin, dann bin ich auch über meine Geschäftsnummer erreichbar. Das heißt, ich habe keine Installationskosten, die Fixkosten sind sehr, sehr gering. Ich habe beispielsweise eine Prepaid-Telefonnummer, ich zahle keine Abo-Gebühren und nichts, weil ich nicht so häufig telefoniere und so weiter und so fort. Und das ist sehr günstig und kann eigentlich schon ab Tag 1 gemacht werden. Ich glaube, das erhöht auch ein Stückweit den Level der Professionalität. Wenn dich jemand anruft, dann erwartet er eine professionelle Leistung, und er weiß häufig gar nicht, ob du gerade am Tag 1 bist oder schon ein längst erfahrener Solopreneur. Und das kann dabei helfen.
Bernd: Da gebe ich dir Recht. Gut, ich bin manchmal noch etwas konservativ oder im Alten verhangen, bei mir ist es immer noch eine Telefonleitung. Ich war ganz froh, als ich angefangen habe, “hey, ich habe drei Leitungen, ISDN”, was weiß ich nicht alles. Aber du hast vollkommen Recht, heute ist das gar kein Problem mehr.
Ivan: Das Stichwort “Professionalität” ist auch im Zusammenhang mit dem Home-Office wichtig. Natürlich, wir haben schon mehrfach erwähnt, zu Beginn hat man häufig die Ressourcen nicht, um sich wirklich hochprofessionell einzurichten. Aber ich glaube, man kann trotzdem einen gewissen Level erreichen, Professionalität hat nicht unbedingt etwas mit kostspieligen Gerätschaften und Tischen und was weiß ich zu tun. Aber man sollte auch ein Home-Office einrichten wie ein echtes Office. Ein gewisser Standard muss einfach gewährleistet sein, damit man auch professionelle Arbeit abliefern kann.
Bernd: Und auch, damit du eine vernünftige Ordnung hast. Selbst, wenn man sonst vielleicht sagt, “das ist nicht so wichtig, das ist auch in Ordnung”, aber im Büro darf das nicht sein, das muss ordentlich sein. Ich habe einen schönen Spruch von einem Freund von mir, der hat das auch sicherlich von jemand anderem, aber ich weiß es nicht mehr, diesen Spruch fand ich immer so klasse: Echte Professionalität kennt keine Alternative!
Ivan: Sehr schön, ja.
Bernd: Und das bedeutet nicht, dass es teuer sein muss, aber ich muss es mir gut überlegen, ich brauche einen vernünftigen PC, ich brauche einen vernünftigen Schreibtisch. Wenn ich lange Zeit an diesem Tisch sitze, dann bekomme ich Kreuzschmerzen, wenn es kein guter Tisch ist. Ich brauche vernünftige – du vielleicht nicht, ich schon – Regale, weil ich immer noch Ordner mit Papier habe. Ich weiß, du bist da schon viel weiter, du hast bereits alles digitalisiert. Aber für die Leute, die eher noch so ein bisschen althergebracht sind wie ich, für die ist es wichtig, dass sie ihre Räume sauber und ordentlich haben, sonst schwimmt man im Tagesgeschäft irgendwann nur noch im Papier, und das macht keinen Sinn.
Ivan: Das ist definitiv so. Und ich glaube, man muss auch darauf achten, dass man das Home-Office möglichst störungsfrei einrichtet. Wir sprachen schon davon, als es darum ging: getrennte Räumlichkeiten, ja oder nein? Aber ich glaube, das geht auch noch weiter. Viele handhaben es so wie ich, dass sie keine Kunden im Home-Office empfangen. Denn da besteht die Gefahr, dass man einfach alles stehenlässt und ein gewisses Durcheinander hat. Und ich glaube, das ist ein schwerer Fehler. Man muss auch hier darauf achten, dass man sich selbst nicht ablenkt. Wenn ich Tausend Dinge auf dem Schreibtisch habe, dann ist das Problem nicht nur, dass ich die Dinge häufig nicht mehr finde, das ist das eine, sondern andere Problem ist auch, dass ich ständig sehe, was ich noch zu tun habe. “Oh, diesen Bericht muss ich noch fertigmachen, diese Rechnung muss ich noch bezahlen” und so weiter und so fort. Und das sind Ablenkungen, die genauso wirken, als wenn das Telefon klingelt. Das sind Unterbrechungen, das sind Störungen, und die sollte man möglichst minimieren. Und eben gerade, wenn einem niemand über die Schulter schaut wie im Home-Office, sollte man darauf achten, dass man trotzdem zumindest einen aufgeräumten Schreibtisch hat, ich würde natürlich sagen, einen möglichst leeren Schreibtisch.
Bernd: Es hat auch noch einen weiteren Vorteil, finde ich immer. Wenn ich morgens in mein Büro komme und dort bereits diverse Papiere auf dem Schreibtisch herumliegen sehe, dann zieht mich das herunter. Wenn ich hingegen einen cleanen Schreibtisch vorfinde, dann habe ich immer noch die gleichen Aufgaben, aber sie sind irgendwo schön hineingelegt, in einem Ordner zum Beispiel, und dann macht es mehr Spaß. Du setzt dich an einen cleanen Schreibtisch, das hat etwas, muss ich ehrlich sagen.
Ivan: Ja, das ist definitiv so. Nachher dann, wenn du arbeitest und Unterlagen benötigst, dann hast du diese selbstverständlich auf dem Tisch, hast zwei, drei geöffnete Ordner, das ist klar. Aber spätestens, wenn du die Aufgabe erledigt hast, dann sollte man den Schreibtisch auch wieder aufräumen, um Platz für etwas Neues zu schaffen.
Bernd: Da ist es auch sinnvoll, wenn der Schreibtisch nicht zu klein ist, damit man sich ein bisschen ausbreiten kann. Wohl wissend, dass man am Abend möglichst alles wieder schön aufräumt.
Ivan: Die Gefahr von leeren Flächen ist, dass man sie gerne zustellt. Ich habe auch einen sehr großen Schreibtisch, und da ich papierlos arbeite, liegt dort meistens nicht viel oder gar nichts, zumindest kein Papier. Aber ich merke schon, wenn ich eine große Fläche habe, dann bin ich versucht, diese auch zuzustellen. Und ich überlege immer wieder, ob ich nicht einen kleineren Schreibtisch hinstellen will. Meine Frau sagt dann immer, “nein, nein, dann hast du zu wenig Platz”, aber das ist durchaus auch ein Thema für mich. Damit ich meine Kreativität ausleben kann, damit ich produktiv arbeiten kann, muss ich mir einen gewissen Rahmen stecken. Der Rahmen darf mich nicht einschränken, denn sonst bin ich in meiner Freiheit tangiert, und genau das will ich als Solopreneur nicht. Aber wenn ich die komplette Freiheit habe und tun und lassen kann, was ich will, dann verzettle ich mich, und dann verlaufe ich mich ein Stückweit. Deshalb versuche ich, mir immer einen gewissen Rahmen zu setzen, der mich aber nicht einschränkt. Und das kann durchaus auch heißen, dass der Schreibtisch eine Nummer kleiner sein darf, um mir hier auch einen gewissen Rahmen zu setzen.
Bernd: Ich glaube, das ist in einem gewissen Grad wirklich eine Sache der Persönlichkeit, wo man sagt, der eine braucht vielleicht ein bisschen mehr Platz, der andere weniger. Im Endeffekt kommt es darauf an, a) dass man sich darin wohlfühlt und b), dass man so an sich arbeiten kann, dass man sagt, am Abend – in der Regel jedenfalls – bekomme ich es hin, dass das Ding wieder aufgeräumt ist.
Ivan: Das ist ein wichtiges Stichwort, dass du erwähnt hast: sich wohlzufühlen. Ich glaube auch, die Diskussion unter uns Produktivitätstrainern, wenn es darum geht, ob der Schreibtisch leer sein muss oder nicht, da sagen die meisten meiner Kollegen, “klar”. Ich finde, der Schreibtisch muss aufgeräumt sein, aber was nützt dir ein leerer Schreibtisch, wenn du dich daran nicht wohlfühlst, wenn dir das zu clean ist oder zu kalt und distanziert?
Bernd: Da hast du Recht, das stimmt, daran habe ich noch gar nicht gedacht.
Ivan: Die Frage, ob ich mich an meinem Schreibtisch, in meinem Home-Office wohlfühle, die halte ich für eine der wichtigsten überhaupt. Aber Thema “Rahmen und Grenzen setzen”, da gibt es natürlich auch noch einen anderen Strang, wenn man im Home-Office arbeitet, nämlich: Wann ist eigentlich Freizeit? Ich könnte theoretisch 24 Stunden am Tag arbeiten. Wenn ich ein externes Büro habe, dann gehe ich irgendwann nach Hause, und dann ist fertig! Ich kann vielleicht den Laptop mit nach Hause nehmen oder Unterlagen, aber ich habe hier eine Art physische Grenze zwischen Arbeit und Freizeit. Und das haben wir eigentlich nicht, und das halte ich für ein recht großes Problem. Wie gehst du damit um?
Bernd: Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, ich habe keine Ahnung, irgendwie wird das schwierig für mich. Ich glaube, wenn du mit meiner Frau sprechen würdest, die würde sagen, “ja, genau, das ist ein Problem!”
Ivan: Jetzt sag mal, Bernd….
Bernd: Ich glaube, das Problem bei einem Solopreneur ist, wenn dir deine Arbeit richtig Spaß macht, dann ist das ein Riesenproblem, weil du gar nicht das Bedürfnis hast. Wenn ich an Dingen arbeite, bei denen ich mir sage, “das muss gemacht werden”, dann ist es relativ einfach. Dann sagst du, “oh, super, 17:00 Uhr, jetzt ist Schluss!” Da sagst du als Solopreneur jedoch häufig nicht. Du sagst, “Mensch, da habe ich ja noch das…”, vor allem, wenn du gut drauf bist. Und dann ist wirklich die Gefahr, dass du zu viel arbeitest, und dann wird es ineffizient. Das heißt, ich helfe mir dabei so, dass ich – das klingt jetzt komisch – wirklich bewusst Termine für andere Sachen setze. Zum Beispiel Termine für Sport oder für Musik, wo ich mich bewusst herausziehe. Oder auch mit der Familie, dass man gemeinsam etwas unternimmt. Wenn du das nicht hast, bist du ganz schnell in einem im positiven Sinne “Hamsterrad”, weil du dir das Hamsterrad selbst schaffst. Du willst aus dem Hamsterrad gar nicht mehr heraus, weil es dir so viel Spaß macht. Du wirst aber ineffizient. Sagen wir mal, du bist an deiner Webseite dran, und du machst die Sachen vielleicht selbst, es macht dir Spaß, du siehst den Fortschritt und findest es toll. Wenn du das sechs, sieben Stunden gemacht hast, bist du in einem Tunnel drin und wirst schlechter. Das heißt, du musst dir nicht nur Pausen setzen, sondern dir wirklich sagen, “nein, jetzt ist Schluss. Mach morgen weiter, mach jetzt etwas Anderes!” Mit der Zeit merke ich, dass ich dahingehend besser werde. Wie schon gesagt, es hilft mir, Termine zu setzen. Es hilft mir, Pausen zu machen, denn in den Pausen merke ich, dass ich schon wieder in einen solchen Tunnel hineingeraten bin, und dann sage ich mir, “jetzt mach mal etwas Anderes”. So versuche ich, mit diesen Dingen umzugehen.
Ivan: Das hilft definitiv, das Problem ist, man meint, man könne noch, man habe noch genug Power für die Arbeit. Man wird ineffizient, wie du sagst, man merkt es nicht unbedingt. Und vor allem, wenn ich eine Phase habe, wo ich sehr, sehr, sehr viel arbeite, dann bin ich danach einfach platt. Irgendwann merkst du, dass die Batterien wirklich leer sind. Und das ganze Problem bei Pausen, Erholung und so weiter ist, wir machen häufig zu spät Pause oder wir erholen uns zu spät. Das ist wie beim Trinken, häufig trinken wir erst, wenn wir Durst haben, und das ist eigentlich falsch. Man sollte trinken, bevor man Durst bekommt. Durst ist nur ein Zeichen des Körpers, “hey, jetzt aber unbedingt, jetzt brauche ich etwas Flüssiges!” Und ich sage mir immer, dass ich mit dem Auto auch nicht erst zur Tankstelle fahre, wenn der Tank komplett leer ist, sondern ich tanke bereits vorher auf. Und genauso sollten wir Pausen machen, genauso sollten wir versuchen, uns zu erholen. Ich habe dabei den kleinen Vorteil, dass ich ein ausgesprochener Morgenmensch bin und abends einfach nicht mehr kann. Ich habe dann einfach keine Lust mehr, bin unmotiviert und habe keine Power mehr. Ich habe so etwas wie eine natürliche Freizeitgrenze oder Arbeitsgrenze, wo ich mir dann einfach sage, dass Schluss ist, weil nichts mehr dabei herauskommt. Aber ich habe natürlich das Problem, dass ich auch am Wochenende sehr gut weiterarbeiten kann. Wir haben keine Kinder, und meine Frau ist eine sehr selbständige Person, sie hat auch ihre Hobbys und Interessen. Wir müssen nicht den ganzen Tag etwas zusammen machen und uns gegenseitig unterhalten. Von daher kann ich auch am Wochenende durchaus weiterarbeiten, ohne dass ihr langweilig wird. Und da muss ich sagen, da helfen mir auch Termine oder eben auch Routinen, Rituale. Das ist etwas, was mir beim Arbeitsrhythmus sehr hilft, also wann ich Pausen mache, das ist bei mir auch ein Stückweit ritualisiert oder rhythmisiert. Aber besonders auch, dass ich einfach Freizeit mache, also diese Übergänge. Und eben auch diese ganzen Rituale, die helfen mir, dass diese Dinge nicht zu kurz kommen. Ein kleines Beispiel: Meinen Sport, den mache ich immer zur gleichen Zeit, in meinem Fall morgens früh.
Bernd: Du machst jeden Tag Sport, nicht wahr?
Ivan: Ja genau, das hilft mir. Nicht, weil ich irgendwie ein Schwarzenegger werden will oder so…
Bernd: Die Größe hättest du ja!
Ivan: Das stimmt, ja. Er ist auch erstaunlich groß, ich glaube, er ist auch um die 1,90 oder so etwas.
Bernd: Jetzt musst du nur noch in die Breite gehen!
Ivan: So ist es, und zwar an den richtigen Stellen (lacht).
Bernd: (Lacht) Ja, genau!
Ivan: Ich habe für mich festgestellt, dass es mir leichter fällt, jeden Tag kurz zum Sport zu gehen anstatt nur zwei-, dreimal die Woche, aber dafür länger. Das funktioniert bei mir nicht. Und ich habe die Entscheidung outsourct oder ich habe die Entscheidung einmal getroffen, ich gehe jeden Morgen im Rahmen meines Morgenrituals zum Sport, und jetzt spule ich das einfach ab. Das heißt, ich muss mich gar nicht fragen, ob ich Lust habe, Sport zu treiben oder “soll ich, soll ich nicht?” Sondern das läuft einfach ganz automatisch ab. Und so habe ich versucht, viele Dinge in ein Ritual einzubauen, einfach, damit ich sie nicht immer hinterfrage und dann eben doch lieber noch ein bisschen weiterarbeite, sondern dass ich die Dinge, die mir guttun, in meinem Alltag umsetze.
Bernd: Da bin ich noch nicht so weit wie du. Manchmal macht es auch Spaß, sich in eine Sache hineinzuvertiefen.
Ivan: Das Problem habe ich auch, dass ich häufig morgens aufstehe und wirklich Lust habe, etwas zu erledigen, etwas, was einfach toll ist, und mir dann denke, “soll ich jetzt zum Sport oder nicht?” Aber ich habe mir gesagt, nein, diese Entscheidung ist getroffen, die treffe ich nicht jetzt, sondern die habe ich vor einigen Jahren getroffen, dass ich eben morgens zum Sport gehe. Und es gibt keinen objektiven Grund, darauf zurückzukommen. Es gibt manchmal objektive Gründe, dass ich mich beispielsweise nicht wohlfühle oder wenn ich auf einen Zug muss für ein Seminar oder so, dann ist es klar, dann kann ich nicht zum Sport gehen. Mein Sportcenter öffnet leider auch erst um 06:30 Uhr, und dann kann ich nicht noch früher gehen. Von daher, es gibt objektive Gründe, aber einfach, keine Lust zu haben oder etwas Anderes erledigen zu wollen, das sind für mich keine Gründe, nicht zum Sport zu gehen.
Bernd: Ich überlege gerade, bei mir ist es häufig so, dass auf einmal unser Hund durch die angelehnte Tür hereinkommt, und der lässt dann nicht zu, dass der Herr Geropp weiterarbeitet, der will dann Gassi gehen. Und dann muss ich eine Pause machen, und das ist auch ganz günstig.
Ivan: Das ist eigentlich auch eine Art Ritual, dass zwar nicht du bestimmst, aber das ist häufig gar nicht mal so schlecht.
Bernd: Das stimmt!
Ivan: Das ist ohnehin ein Problem, wenn du irgendwo angestellt bist, dann hast du irgendwann Kaffeepause und gehst mit den Kollegen einen Kaffee trinken. Und das hast du als Solopreneur im Home-Office nicht. Ich habe einen bestimmten Arbeitsrhythmus, so dass regelmäßig Pausen folgen, aber es nicht so, dass ich jeden Tag um 10:00 Uhr in die Kaffeepause mit mir selbst gehe. Man sieht also, das Home-Office hat ganz viele Vorteile. Es ist toll, es ist schön, zu Hause zu arbeiten – überhaupt, zu Hause arbeiten zu können, auch diese Freiheit zu haben, sich ein Home-Office einzurichten. Aber man muss sich gut überlegen, worauf man sich einlässt. Eben auch diese ganzen Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit oder zwischen Familienleben und Beruf, die muss man recht sauber definieren.
Ich glaube, man hat im heutigen Gespräch auch gehört, dass wir beide zwar schon längere Zeit Erfahrungen im Home-Office haben, aber dass man doch irgendwo immer ein Suchender bleibt, und dass sich das Ganze auch verändert. Manchmal fällt es einem leicht, in die Freizeit zu gehen, manchmal nicht. Und dass wir auch weiterhin nach guten Lösungen suchen. Aber ich glaube, das gehört auch einfach dazu.
Bernd: Ja, das glaube ich auch. Das macht den Reiz der Sache aus, der Selbständigkeit.
Ivan: Genau. Wir haben uns für das Solopreneurtum entschieden, häufig auch aufgrund der Freiheit, die man hat. Aber jetzt muss man auch mit der Freiheit umgehen können und das ständig neu lernen.
Bernd: Richtig.
Ivan: Ich hoffe, liebe Hörer, ihr habt hier einige Inputs zum Thema “Home-Office” mitnehmen können. Bernd und ich danken sehr fürs Zuhören.
Bernd: Ja, genau, vielen Dank und bis demnächst.
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