Wir können sehr viel vom Sport auch für unser Zeitmanagement lernen.
Sportler müssen ja ihre beste Leistung punktgenau abrufen können – ähnlich wie wir auch. Dafür betreiben sie einen hohen Aufwand.
Gute Trainer sind auch echte Experten, wenn es um Transformation und Veränderung geht. Genau so einen Experten habe ich mir für das heutige Interview geholt.
Ich spreche nämlich mit Stefan Schlegel, der Personal Trainer ist, über Veränderung, wie man effizient, gesund und nachhaltig trainieren kann, wie du dir dein eigenes Hirnkino einrichten kannst und natürlich noch viel mehr.
Effizient, gesund und nachhaltig
- Möchtest du mehr über Stefan erfahren? Dann sieh dich auf seiner Webseite um.
- Dort findest du auch seinen Podcast und dort wiederum die Folge, in der er mich interviewt hat.
Das Gespräch zum Nachlesen
Ivan Blatter: Hallo Stefan, schön bist du hier. Stell dich doch bitte selbst kurz vor.
Stefan Schlegel: Hallo Ivan, mein Name ist Stefan Schlegel, ich bin aus dem Heidelberger Raum hier in Deutschland und seit knapp zwanzig Jahren als Personal Trainer tätig. Ich habe das größte und eines der erfolgreichsten Unternehmen für Personal Training für Führungskräfte hier in der Rhein-Neckar-Region aufgebaut. Und in meiner Freizeit bin ich gerne im Extremsport unterwegs.
Ivan: Oh! Was heißt das, „im Extremsport“? Läufst du, kletterst du oder machst du beides?
Stefan: Weder noch. Ich fahre Fahrrad, also Langstreckenradfahren, da liegt meine Leidenschaft.
Ivan: Und so für mich als Laie, was heißt „Langestrecke“, wie viele Kilometer sind das?
Stefan: Langstreckenradfahren beginnt quasi in der Kurzdistanz bei vierundzwanzig Stunden. Das ist sozusagen der Sprint. Und das geht dann hin bis zu dem längsten Rennen der Welt, das „Race across America“, das ich bereits dreimal gefahren bin.
Ivan: Ah okay, sehr schön. Dein Motto oder das Motto deines Personal Trainings lautet „effizient, gesund und nachhaltig“. Sag mal, wie kann man überhaupt effizient trainieren, was muss man sich darunter vorstellen?
Stefan: Das ist sehr einfach erklärt. „Effizient“ heißt für mich, die Möglichkeiten zu wählen, die mich schnellstmöglich ans Ziel bringen, das heißt, mit dem geringsten Zeit- und auch mit dem geringsten Arbeitsaufwand so schnell wie möglich an mein Ziel zu kommen. Und effizient zu trainieren, das bedeutet für mich wenig drumherum, also kein stundenlanges Warm-up oder Cool-down. Und beim Radfahren spricht man oft von so genannten Grundlagenausdauereinheiten, aber die sind meiner Meinung nach relativ ineffizient. Ich konzentriere mich mit unseren Klienten oder auch bei meinem eigenen Training extrem darauf, klare, unmissverständliche Reize zu setzen, damit der Körper erfährt, „okay, das ist zu tun, das muss ich leisten können, und das will er von mir“.
Ivan: Und eine solche Trainingseinheit dauert dann auch kürzer?
Stefan: Wenn ich für mich selbst trainiere, sind die langen Trainingseinheiten, ich rede jetzt vom Kraftsport als Beispiel, fünfzehn Minuten lang, während ich früher für den gleichen Effekt etwa anderthalb Stunden trainiert habe.
Ivan: Okay, und wie geht das?
Stefan: (Lacht) Gute Frage! Ich suche mir die effizientesten Übungen aus. Ich mache mal ein Beispiel. Ich kann meine Oberarmmuskulatur, den Bizeps, mit Kurzhanteln ganz entspannt trainieren. Das nennt man „Armbeuge“. Ich könnte aber auch an die Klimmzugstange gehen, sie im Untergriff fassen und mich dann hochziehen. Dann habe ich gleichzeitig die Riesenrückenmuskeln drin, die Schultermuskeln und, wie ich eben schon erklärt habe, eben auch den Bizeps. Und dadurch habe ich quasi mit einer Übung mehrere Muskeln gleichzeitig trainiert.
Ivan: Sehr gut. Und vor allem trainierst du nicht nur einen großen Muskel so extrem isoliert, sondern auch die vielen, vielen kleinen Muskeln, die dabei mitspielen.
Stefan: Erstmal das, und vor allen Dingen, wer muss denn heutzutage wirklich isoliertes Training absolvieren? Das ist aus meiner Sicht entweder, wenn ich in der Reha bin, also aufgrund von Krankheit oder Verletzung, oder wenn ich der Bodybuilder bin, der auf der Bühne das perfekte, schöne Gesamtbild abgeben muss. Für alle anderen Menschen, wirklich für alle anderen Menschen ist das aus meiner Sicht total ineffizient, isoliert zu trainieren.
Ivan: Deine Klientel, das sind, wie du gesagt hast, Top Führungskräfte, die vermutlich auch nicht wahnsinnig viel Zeit haben, um zu trainieren und deshalb umso dankbarer sind, wenn eine lange Trainingseinheit fünfzehn Minuten dauert. Ist das so?
Stefan: Ja, das ist definitiv so. Die Leute, mit denen wir unterwegs sind, die sind selbst sehr viel in der Welt unterwegs und haben nicht so viel Zeit. Ich bin der Meinung, dass niemand seine Zeit mit sinnlosem Training verschwenden sollte, denn er ist schließlich auch nicht irgendwer.
Ivan: Das ist sehr schön gesagt, da unterscheiden wir uns nicht von Top Führungskräften oder so, sondern auch unsere Zeit ist wertvoll.
Stefan: Definitiv, sie ist das höchste Gut, denn sie ist endlich.
Ivan: Wir haben uns im Vorgespräch schon darüber unterhalten, dass Zeit das höchste Gut ist. Ich habe dir direkt widersprochen und gesagt, dass mir die Gesundheit noch ein bisschen höher zu sein scheint. Und wir haben uns dann darauf geeinigt, dass beide ein sehr hohes Gut sind.
Stefan: Ja, das stimmt, ich finde, das sind die höchsten Güter, die wir haben. Die höchste Wertschätzung, die ich einem Menschen geben kann, ist meine Lebenszeit, und das Beste, was ich für mich tun kann, das ist, meine Gesundheit zu pflegen oder zu züchten.
Ivan: Das könnte man noch vertiefen, aber darauf werden wir vielleicht später noch zurückkommen, wenn es um die Disziplin geht. Aber zuerst möchte ich etwas anderes ansprechen, nämlich das Thema „Gewohnheiten“. Selbst wenn es uns gelingt, unsere Trainingszeit mit schlauen Trainingsmethoden wirklich zu verkürzen, ist das zwar eines, aber was es trotzdem braucht, ist die Gewohnheit, die Regelmäßigkeit, dass wir immer wieder diese Anreize setzen, damit wir auch wirklich gesund sind und bleiben. Welcher ist der beste Weg, sich gute und gesunde Gewohnheiten anzueignen bezüglich Training, bezüglich auch Ernährung, was sicher auch ein Thema für dich ist?
Stefan: Ich finde, das ist eine sehr gute Frage. Allerdings bin ich da ein sehr schwerer Gesprächspartner, denn ich bin kein Fan von „dem Besten“. Ich bin seit zwanzig Jahren mit Herzblut Personal Trainer, und das Beste ist das, was das Beste für meinen Klienten ist. Von daher gibt es für mich nicht diese Verallgemeinerung, sondern das Beste für die individuelle Person ist aus meiner Sicht etwas komplett anderes, als es vielleicht für den nächsten sein könnte. Vom Grundprinzip, wenn ich das als eine Art Masterplan aufgliedern würde, ist für mich die Basis von allem ein klar definiertes Ziel. Das hat im ersten Moment vielleicht gar nichts mit einer Gewohnheit zu tun, aber warum sollte ich mir eine Gewohnheit aneignen, die im aktuellen Moment vielleicht eher lästig ist, wenn ich kein klares Ziel habe? Wenn ich ein Ziel habe, das ich mit Leidenschaft befolgen oder erreichen möchte, dann fällt mir zunächst die später aufzubringende Gewohnheit viel leichter. Das ist zunächst für mich die Basis.
Dann würde ich mir professionelle Informationen als Unterstützung holen, beispielsweise einen Profi, der mir die Steps zeigt, wie das funktioniert, was ich erreichen möchte. Die Gewohnheit an sich ist eine Schleife. Der Film hieß damals „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Immer das Gleiche wäre eine Gewohnheit, zum Beispiel zur gleichen Zeit das Gleiche zu machen. Das finde ich sehr schwer auszudrücken. Ich würde mir einen Profi an die Hand holen, der mir zeigt, wie ich das absolvieren kann, um effizient ans Ziel zu kommen. Dann würde ich auf jeden Fall kleine Schritte gehen. Wir bleiben mal in meinem Bereich der Gesundheit und Fitness, dort ist es oftmals so, Menschen kommen zu uns und sagen, sie haben dreißig Jahre lang keinen Sport gemacht, wollen aber in fünf Wochen einen Marathon laufen. Das funktioniert in dem Sinne der Berücksichtigung der Nachhaltigkeit schon mal gar nicht. Deshalb sind kleine Schritte wirklich wichtig.
Ich hatte eine Klientin, die war übergewichtig und wollte ihr Leben ändern. Sie sagte, „ich kann gar nicht joggen, aber man muss ja joggen gehen, und außerdem liebe ich die Natur“. Dann habe ich ihr vorgeschlagen, dass sie jedes Mal, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt, die Tasche weglegt, ihre Schuhe anzieht, die Treppen runter zur Hauseingangstür geht und die Stufen dann einfach wieder hochgeht, und dann Feierabend! Das ist ein extrem kleiner Schritt, aber so hat sie angefangen. Und irgendwann hat sie gesagt, „nur um die Treppe runterzugehen, ziehe ich mir doch nicht die Schuhe an“, und schon ist sie einmal ums Haus gelaufen. Und so ist sie Schritt für Schritt vorangegangen, bis sie irgendwann tatsächlich, und das ist der Wahnsinn, zehn Kilometer am Stück gejoggt ist. Natürlich erst Monate später, aber die Vorstellung, dieses Ziel zu erreichen, zehn Kilometer zu joggen, war rückwirkend an dem Punkt, als sie zu mir kam, unerreichbar. Das meine ich, wenn ich sage, dass man kleine Schritte gehen soll. Und im Idealfall holt man sich eine Begleitung oder einen Sparringspartner dazu, der vielleicht schon die Gewohnheit hat, die ich selbst gerne hätte, und hängt sich im Rucksack-Huckepack einfach dran. Oder ich suche mir einen Partner mit dem gleichen Ziel, mit dem ich gemeinsam von vorne beginne.
Ivan: Das sind auf jeden Fall gute Tipps. Kleine Schritte, in deinem Fall im wahrsten Sinne des Wortes, denn zuerst waren es nur kleine Schritte bis zur Haustüre, und dann gab es immer mehr kleine Schritte am Stück, bis hin zu zehn Kilometern. Und natürlich auch, dass man sich zusammenschließt mit jemandem, der die Gewohnheit schon hat oder sie auch etablieren will. Das hilft auch, dranzubleiben. Man weiß, der andere wartet, der steht parat zum Sport oder zu was auch immer, und dann will man nicht der Drückeberger sein und sich irgendeine Ausrede einfallen lassen. Das hilft auch gegen den inneren Schweinehund.
Wenn ich sehr, sehr fitte Personen sehe, und dazu zähle ich dich einfach mal dazu, dann ist ein Gedanke, der sehr schnell aufkommt, „boah, der muss ja unglaublich diszipliniert sein, dass er überhaupt so weit gekommen ist“. Ich persönlich habe zwar ein bisschen Mühe mit dem Begriff der Disziplin, ich mag den Ausdruck nicht, denn er klingt nach Militär, nach zusammengebissenen Zähnen und so überhaupt nicht nach Spaß. Und gerade Bewegung, Sport und Gesundheit dürfen oder müssen vielleicht sogar Spaß machen, denn dann bleibt man eher bei dieser Gewohnheit. Meine Frage an dich, eigentlich die Gretchenfrage, sag Stefan, wie hältst du es denn mit der Disziplin? Braucht man sie überhaupt, um effizient, gesund und nachhaltig zu sein oder zu werden?
Stefan: Ich stimme dir in vielen Punkten zu, „Disziplin“ klingt wirklich nach Militär oder bei uns nach Bundeswehr, strammstehen und so etwas. Ich würde es eher mit „Kontinuität“ beschreiben. Kontinuität, vielleicht sogar in Richtung eines anderen Allgemeinbegriffs, nämlich „Leben“ oder „Natur“. Die Natur entwickelt sich immer weiter, sie bleibt nie stehen. Und bei der Disziplin oder bei der Kontinuität geht es genauso darum. Also sei natürlich, indem du dich weiterentwickelst. So würde ich es eher beschreiben. Okay, ich komme nicht drum rum, also wie halte ich es mit meiner eigenen Disziplin?
Ich bin jemand, wenn ich ein Ziel habe, bin ich unglaublich fixiert und fokussiert. Das heißt, ich schaue rechts, ich schaue links, und ich suche nach jeder legalen Abkürzung, um an mein Ziel zu kommen. Und jetzt nur unter uns beiden: Ich bin Kuchenjunkie, das heißt, ich liebe Kuchen. Und jeder, der weiß, wie so ein schöner Kuchen, manchmal auch eine Torte gebacken wurde, kann sich denken, dass Kuchen nicht unbedingt gesundheitsförderndste Maßnahmen sind. Aber definitiv ist der Kuchen für mich Lebensqualität. Und das bedeutet für mich also auch Disziplin, zu sagen, ich esse zwar den Kuchen, aber dann gehe ich heute Nachmittag einfach mal zwanzig Minuten länger joggen oder fahre drei Stunden länger Fahrrad, was auch immer, um das Yin-Yang, den Ausgleich zu haben. Früher war ich wirklich extrem diszipliniert im Sinne von Militär, auch verbissen, so, wie du es gerade beschrieben hast. Das hat sich über die Jahre extrem verändert, so dass ich heute viel mehr versuche oder auch wirklich lebe. Das ist wie Wasser, mal vor, mal zurück. So wie die Flut, mal ist Flut, mal ist Ebbe, dieses Hin und Her, das ist für mich eher die Disziplin. Ich kenne niemanden, der das so geschafft hat, ans Ziel zu kommen, geschweige denn, das Ziel zu halten. Beispielsweise, wenn jemand Meister wurde, wieder Meister zu werden. Ich muss mich immer weiterentwickeln, und das schaffe ich nur, wenn ich auch mal loslasse.
Ivan: Ja, absolut, das sehe ich genauso. Bei mir war ein solcher Moment, als ich realisiert habe, wo das Wort „Disziplin“ eigentlich herkommt. Es kommt vom Lateinischen „disciplina“ und heißt nichts anderes als „Erziehung“, und das klingt für mich schon viel besser. Das klingt nicht mehr nach zusammengebissenen Zähnen, sondern ich erziehe mich selber dazu, ein gutes, gesundes Leben zu führen. Ich versuche, mich so weiterzuentwickeln, dass ich dann dem Kuchen widerstehen kann, weil ich weiß, was er mich kostet, nicht an Euro, sondern an Zuckerschock und was weiß ich alles. Oder dass ich dann, so wie du sagst, zwar Kuchen esse, aber dann länger joggen oder Radfahren gehe oder was auch immer. Wie du schon beschrieben hast ist das eine Weiterentwicklung oder ein sich selber Weiterbringen oder Erziehen. Und dann finde ich Disziplin eigentlich nicht mehr so schlimm, sondern ich sehe es als ein Hilfsmittel, das ich eben auch nutzen kann.
Was mir auch noch wichtig erscheint von dem, was du gesagt hast, ist das Thema „Ziele“. Du hast es vorhin erwähnt und jetzt auch wieder, wenn du ein Ziel hast, dann fokussierst du dich voll und ganz darauf. Meine These ist, wenn man ein gutes Ziel hat, wenn man eine gute Antwort auf die Frage „warum überhaupt?“ hat, dann braucht man nicht mehr so viel Disziplin, sondern man hat eine „Warum-Kraft“, die einen in Richtung Ziel zieht. Dann braucht man vielleicht beim ersten Mal Disziplin, um überhaupt in die Gänge zu kommen, aber danach hat man etwas viel Besseres, nämlich diese Warum-Kraft.
Stefan: Ja, da bin ich absolut deiner Meinung. Aus meiner Sicht sind Ziele unser Fixstern oder unser Motor. Ich finde, man muss natürlich unterscheiden, habe ich eine Vision, einen Wunsch oder ein Ziel? Dazwischen liegen Definitionswelten. Das würde jetzt aber den Rahmen sprengen. Ein Ziel bedeutet, es ist messbar, und ein Wunsch ist einfach eine Vorstellung. Das eine ist eine Insel, das ist mein Wunsch, die möchte ich besitzen, und das Ziel wäre, wann habe ich die Insel, wie groß wird sie sein, und was kostet sie mich? Und so weiter und so fort. Ziele sind aus meiner Sicht unabdingbar, und ich bin davon überzeugt, dass ich in einem Gespräch mit Menschen voraussagen kann, ob sie ihre Wünsche erreichen werden oder nicht aufgrund dessen, wie sie über ihre Ziele reden.
Ivan: Das kann ich sehr gut nachvollziehen, ich glaube auch, dass Ziele sehr, sehr wichtig sind. Übrigens nicht nur Ende des Jahres, sondern man darf sich auch zwischendrin mal ein Ziel setzen. Durchaus auch mal ein kurzfristiges Ziel, denn das gibt einem einen neuen Schwung. Ich höre auch ein bisschen heraus, dass du dich über deine Ziele auch sehr motivierst?
Stefan: Absolut, ich mache mir auch sehr, sehr viele Gedanken über das Ziel und vor allem darüber, welche Ziele ich überhaupt in meinen Kopf lasse. Darüber mache ich mir extrem viele Gedanken. Denn das ist letztlich der innere Dialog, den ich vierundzwanzig Stunden am Tag mit mir selbst führe. Deshalb passe ich extrem gut darauf auf, was meine Ziele sind. Und definitiv, ich brauche meine Ziele und lebe sie dann auch.
Ivan: Mit Haut und Haaren sozusagen.
Stefan: Definitiv. Kleiner Tipp, das Ziel sollte man sich immer mit allen Sinnen als „Hirnkino“, so nenne ich es, vorstellen. Nicht einfach nur sagen, dass man fünfzehn Kilo abnehmen möchte, was überhaupt ein furchtbares Ziel ist, denn fünfzehn Kilo heißt, es können fünfzehn Kilo Skelettmuskulatur oder fünfzehn Kilo Knochen sein, und dann habe ich fünfzehn Kilo Gewicht verloren.
Ivan: Genau, Beinamputation oder so.
Stefan: Das geht dann ganz schnell! (Lacht) Ich wünsche es keinem, aber das ist zunächst kein klares Ziel. Man sollte sich also zunächst überlegen, was man überhaupt erreichen will. Und dann hatten wir es vorhin bereits, dieses „Warum“, will ich auf etwas hin oder von etwas weg, also Schmerz oder Freude? Und das ist entscheidend.
Ivan: Wenn du so auf dein Leben zurückblickst, auch auf deine Karriere als Sportler oder jetzt als Personal Trainer, was du ja auch schon sehr lange bist, welches waren deine größten Aha-Erlebnisse?
Stefan: Die größten Aha-Erlebnisse? Eine sehr schwere Frage, denn es sind viele. Ich möchte das Wort „Aha“ etwas umformen: der größte einschneidende Moment in meinem Leben. Das war definitiv vor gut siebzehn Jahren der Tod meiner Mutter. Damals an ihrem Totenbett habe ich ihr versprochen, ich glaube nicht, dass sie mich gehört hat, das weiß ich nicht, aber ich habe ihr versprochen, dass nie wieder ein Mensch aufgrund von gesundheitlichen Schäden, Unwissenheit über Ernährung oder Sport in meinem Umfeld leiden oder sterben muss. Und damals vor siebzehn Jahren habe ich angefangen, ich wurde dann ein richtiger Sport- und Ernährungsnerd, also einer dieser Menschen, die man gar nicht mag. Ich habe alles studiert, was es damals gab, und das war für mich ein echter Aha-Moment, wo ich innerlich gespürt habe, dass mein Weg anders geht. Und das ist quasi der Grund, warum ich jetzt siebzehn Jahre später immer noch Personal Trainer bin und eines der größten und erfolgreichsten Unternehmen für Personal Training in der Rhein-Neckar-Region aufgebaut habe.
Ivan: Sehr spannend, schön, dass du diese Geschichte mit uns geteilt hast. Ich muss sagen, die Frage war ein bisschen fies. Ich persönlich habe zum Beispiel keine großen Aha-Erlebnisse im Sinne von „vorher war mein Leben ganz anders“ gehabt, sondern das Leben ist häufig eine Entwicklung. Im Nachhinein erkennt man gewisse Linien, gewisse Zeiten oder vielleicht auch einzelne Ereignisse, die einen sehr geprägt haben. Aber ich kenne viele Menschen, die es unheimlich weit gebracht haben, aber die hatten kein Aha-Erlebnis. Manchmal trifft man jedoch solche Menschen, und deshalb stelle ich diese Frage ganz gerne.
Wir haben uns ausführlich über das Thema „Ziele“ unterhalten. Zuerst muss ich wissen, wohin ich will, ich muss ein Ziel haben oder zumindest eine Vision oder einen Wunsch. Der zweite Schritt ist, sich dann darauf zu fokussieren. Wie schaffst du es, dich auf das wirklich Wichtige zu fokussieren? Reicht dir die Warum-Kraft oder die Kraft des Ziels?
Stefan: Es ist die Kraft des Ziels. Man sagt, man soll sich das Ziel bereits am Anfang vorstellen.
Ivan: Das Hirnkino.
Stefan: Ja, richtig, das ist wirklich das Entscheidende. Bei meinem allerersten Race across America, das war 2012, da stand ich in Oceanside, Kalifornien, und das Ziel war an der Ostküste in Annapolis, also knapp 5.000 Kilometer entfernt. Ich hatte natürlich überhaupt keine Ahnung, wie es da hinten aussieht, weil ich noch nie vorher dort gewesen war. Aber ich hatte in meinem Kopf ein klares Bild davon. Da sind Möwen, die Möwen machen ihre speziellen Geräusche, ich spüre das Salz auf der Haut, den Schweiß, all diese Sachen habe ich mit allen Sinnen gespürt. Jeder unserer Klienten, die es schaffen, sich am Anfang bereits das Ende als einen Film vorzustellen, erreichen ihr Ziel, uneingeschränkt einhundert Prozent. Weil dieses Ziel erscheint immer dann, wenn ich nicht dran denken will, also in guten wie in schlechten Momenten, und es ist einfach der innere Antrieb. Und das ist das Entscheidende.
Ivan: Sehr schön. Und das führt dann automatisch dazu, dass du dich auch auf die Aktionen fokussierst, die dich dorthin bringen?
Stefan: Definitiv, denn dann ist der zweite Schritt, wie komme ich dorthin? Dann kommt die Frage nach dem „Wie“. Was muss ich tun, wie komme ich dorthin, wer kann mir helfen? Dann fange ich an, Lösungen zu suchen. Aber am Anfang muss ich zunächst wissen, für was ich die Lösung brauche, also was ist denn überhaupt das Ziel? Und es muss eben so leidenschaftlich sein, dass ich einfach richtig „Bock drauf“ habe.
Ivan: Ja, absolut. Nun ist es so, dass der Weg zum Ziel nicht immer gradlinig verläuft. Du führst ein kleines Unternehmen mit deinem Personal Training, und du hast auch Mitarbeiter. Das kann manchmal auch ein bisschen stressig sein. Was löst denn bei dir Stress aus, und viel wichtiger, wie gehst du damit um?
Stefan: Den größten Stress erreiche ich immer, wenn jemand meine Lebenswerte verletzt. Das bedeutet für mich zum Beispiel die Fairness, das ist einer meiner wichtigsten Punkte. Das heißt, dass man alle Menschen gleich fair behandelt, unabhängig von ihrer Rasse, ihres Geschlechts, Alters und so weiter, alles, was dazugehört. Und wenn ich spüre, dass es irgendwo nicht fair zugeht, dann werde ich extrem aggressiv, und das stresst mich brutal. Und ganz ehrlich, die beste Möglichkeit, um meinen Stress loszuwerden, ist eine Runde schöner, knackiger Sport. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass jede Art von Muskelaktivität Stress reduziert. Egal was, ob das schwimmen ist, ob das Schachspielen mit Betonfiguren ist, was auch immer. Sobald ich Sport mache und die Muskeln aktiv beanspruche, reduziere ich den Stress. Und leider, da bin ich auch ganz ehrlich, wenn du richtig im Stress bist, dann findest du oftmals gar nicht den Knopf, um zu sagen, „Stopp! Ich gehe erstmal eine Runde joggen“ oder was auch immer. Bei mir ist es dann oftmals so, dass ich einen Schritt zurückgehe und versuche zu analysieren, was mich stresst oder noch besser gesagt, wieso rege ich mich denn darüber auf? Nicht der andere, sondern ich selbst, ich rege mich auf, also warum rege ich mich darüber auf? Diesen Schritt zurückzugehen, das hilft mir sehr oft, um zu sagen, „Butter bei die Fische, entspann dich. Geh eine Runde sporteln, und dann geht es dir wieder gut“.
Ivan: Das kann man auch sehr gut kombinieren. Wenn du ein paar Stunden auf dem Rad sitzt, dann hast du auch die Zeit, dich zu fragen, weshalb du dich darüber so aufregst.
Stefan: Aber dieser Schritt, sich in dem Moment aufs Rad zu setzen, dieser Switch von „das ist so unfair, das geht doch gar nicht“ hin zu dem Punkt „okay, ich gehe jetzt Radfahren“, der ist sehr schwer, auch für mich.
Ivan: Das verstehe ich. Es ist doch immer wieder schön, wenn sehr fitte und sportliche Menschen, die scheinbar so diszipliniert sind, mit denselben Problemen kämpfen wie wir auch.
Stefan: Absolut, kein bisschen anders!
Ivan: Genauso ist es. Lass mich raten, die nächste Frage wäre gewesen, wie erholst du dich? Ich nehme an, das tust du auch beim Sport?
Stefan: Kuchen essen und mit der Familie zusammen sein. Ich bin seit knapp einem Jahr zum ersten Mal Papa. Das ist für mich eine komplett neue Welt und definitiv auch eine Lebensveränderung. Und das ist herrlich, wunderbar!
Ivan: Sehr schön, ja, wunderbar. Ich habe noch eine Frage für dich, sozusagen eine Art Abschlussfrage, nämlich, hast du ein Lebensmotto? Und falls ja, magst du es mit uns hier teilen?
Stefan: Ja selbstverständlich habe ich ein Lebensmotto. Und da wir unter uns sind, teile ich das natürlich sehr gerne. Mein Lebensmotto ist, du kannst alles im Leben erreichen, du musst es nur wirklich wollen. Klar, jetzt sagt der eine oder andere, dass er nicht alles im Leben erreichen kann, aber für mich gibt es keine Grenzen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass die meisten Menschen nicht wirklich intensiv genug wollen. Man erlebt immer wieder unglaubliche Phänomene. Beispielsweise schafft es eine Frau, ein Auto hochzuheben, weil das Kind darunterliegt. Wenn ich mich an egal welches Auto stelle, Fiat Panda oder SUV, ich kann das Ding nicht hochheben. Ich bin Langstreckenfahrradfahrer, ich bin kein Strong Man, das kann ich nicht hochheben, aber scheinbar können Menschen in entscheidenden Situationen Unglaubliches leisten. Und ich glaube, das kommt aus unserem Unterbewusstsein. Das heißt, wenn es darauf ankommt, können wir Menschen wesentlich mehr leisten, als wir uns jemals vorstellen können. Und deshalb ist mein Lebensmotto, ich muss es nur wirklich wollen. Und wenn ich noch nicht da bin, wollte ich es entweder noch nicht oder ich brauche einfach noch mehr Zeit. Du kannst alles im Leben erreichen, du musst es nur wirklich wollen.
Ivan: Sehr schön, ein wunderbares Lebensmotto. Vielen Dank, lieber Stefan, für dieses Interview und dass du auch einige persönliche Sachen mit uns geteilt hast. Wenn man mehr über dich und deine Arbeit erfahren möchte, wo geht man dann am besten hin?
Stefan: Da gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen gibt es die Geschäftswebseite www.contigo-personal-training.de. „Contigo“ ist Spanisch und heißt „mit dir“, also „mit dir persönlich trainieren“. Oder auf dem Podcast „Effizient, gesund und nachhaltig“.
Ivan: Sehr schön, ich werde beides sehr gerne auch in den Show Notes zu dieser Folge hier verlinken. Vielen Dank, lieber Stefan, für deine Zeit. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht.
Stefan: Danke. Ich fand das Interview auch super schön. Vielen Dank, dass ich da sein durfte.