#287 – Wie ich mein Selbstmanagement in der Pandemie angepasst habe

Selbstmanagement ist ein Prozess, der nie abgeschlossen ist. Gerade wenn wir uns selbst verändern oder sich die Umstände verändern, ist es an der Zeit, auch sein Selbstmanagement anzupassen.

Dieser Grundsatz gilt immer. Er zeigt sich aber besonders prägnant in Zeiten wie diesen, wenn wir mit einer Pandemie zu kämpfen haben.

Ein gutes Selbstmanagement, und damit auch ein gutes Zeitmanagement, ist nie fix und starr, sondern sollte immer zur eigenen persönlichen Entwicklung und zu den Zielen passen. Man könnte auch sagen: Produktivität ist ein Lifestyle. Deshalb muss sich das Zeit- und Selbstmanagement immer wieder aufs Neue anpassen. Diese Pandemie nun schüttelt die Welt ordentlich durch und tangiert wirklich jeden. Jeder ist in einem gewissen Maß gezwungen, sich an die neue Situation anzupassen.

Diesen Inhalt gibt es übrigens auch zum Anschauen im Rahmen meiner regelmäßigen YouTube Lives – auch genannt #blatterbewegt:

Meine Frau und ich sind bislang recht gut durch diese herausfordernde Zeit gekommen. Homeoffice sind wir bereits gewohnt und da wir keine Kinder haben, war auch Homeschooling für uns kein Thema. Aber trotzdem hatte die Situation Auswirkungen auf mein Business.

Interessant war für mich zu sehen, dass es bei meinen Kunden plötzlich nicht mehr nur darum geht, wie man eine gute Aufgabenliste führt, sondern eben auch um die wirklich wichtigen Themen, die man vielleicht eher dem Selbstmanagement oder der Persönlichkeitsentwicklung zuweisen würde. Wenn wir nicht die richtige Einstellung haben, dann rettet uns nämlich keine To-do-Liste und kein Tool. Sondern es kommt sehr auf uns selber an, auf unsere Einstellung gegenüber uns selbst, unserer Zeit etc. Aufgrund der veränderten Umstände scheint diese Erkenntnis nun auch bei vielen Leuten angekommen zu sein, was natürlich toll ist.

Bei mir selbst gab es in den letzten zwölf Monaten natürlich auch einige äußere Veränderungen, die im Zusammenhang stehen mit den äußeren Umständen. So habe ich mein Studio für die ganzen Videokonferenzen und meinen wöchentlichen Live-Stream aufgerüstet, ich habe mir einen neuen ergonomischen Stuhl sowie TRX-Schlingen als Ersatz für den Fitnessstudio-Besuch gekauft. 

Viel wichtiger sind für mich aber die Dinge, die ich bei meinem Selbstmanagement verändert habe. Die fünf wichtigsten will ich dir hier vorstellen.

1. Mein Morgenritual ist mir heilig 

Ich bin schon lange ein großer Verfechter eines guten Morgenrituals. Die Zeit zwischen dem Aufstehen und dem Arbeitsbeginn ist eine entscheidende Zeit, die über den Verlauf und den Charakter unseres gesamten Tages entscheidet. Anders gesagt: So, wie ich in den Tag starte, wird er auch verlaufen.

Die erste Sache, die ich aufgrund der Pandemie bei meinem Selbstmanagement angepasst habe, war mein Morgenritual. 

Ich war schon immer ein Morgenmensch und hatte mir angewöhnt, jeden Morgen in der Früh ins Fitnessstudio zu gehen. Das ist im Moment ja nicht möglich. So war ich schon allein deswegen gezwungen, hier mein Ritual anzupassen. 

Ich habe gemerkt, wie wichtig ein Morgenritual für mich gerade in der jetzigen Zeit ist. Wir merken alle, wie zermürbend und ermüdend die Situation ist. Gerade jetzt ist es extrem wichtig, dass man gut auf sich aufpasst und sich selber Sorge trägt. Das Morgenritual leistet hier einen wichtigen Beitrag.

Mein Morgenritual ist etwas kürzer, aber ich bin dafür umso konsequenter in der Durchführung geworden – eben weil es mich stärkt und mir gut tut.

Ich lege ein Morgenritual wirklich jedem ans Herz. Wenn du kein Morgenmensch bist, dann musst du dich auch nicht am Morgen durch ein ausführliches Prozedere quälen. Es kommt nur darauf an, dass du den Start in den Tag nutzt, um dich zu stärken, und dass du dich gut auf den Tag vorbereitest. Denn dann fühlst du dich gut, wenn du mit der Arbeit beginnst. So kannst du auch wirklich dein Potential abrufen.

2. Ich lasse auch mal Fünfe gerade sein

…außer beim Morgenritual. ;-) 

Im Ernst: Wir sind im Moment in einer Situation, wo wir mit Unsicherheiten kämpfen müssen. Wir sind Corona-müde und mehr Druck denn je ausgesetzt. Mehr Arbeit für die einen, mehr Existenzängste für die anderen.

Dann müssen wir uns selber nicht auch noch mehr unter Druck setzen. Wir dürfen uns weiterentwickeln, neue Dinge ausprobieren, wir dürfen bewusst versuchen, weiter zu kommen und neue Rituale einzupflegen, aber wir sollten nicht damit beginnen, uns weiteren Druck zu machen.

Im ersten Lockdown hatte ich z.B. extrem Mühe, meine Sport-Gewohnheit weiter durchzuziehen, die vorher kein Problem für mich war. Plötzlich hat mir der Auslöser gefehlt und ich habe schon fast verzweifelt versucht, hier zuhause Sport zu treiben mit meinen diversen Sport-Apps, eigenem Körpergewicht etc. Aber ich bin einfach nicht in die Gewohnheit gekommen und habe mich ziemlich unter Druck gesetzt. Als ich mich eines Tages dazu entschlossen hatte, das nicht auf Biegen und Brechen durchzuziehen, sondern diese Sport-Unlust zu akzeptieren, war das eine richtige Befreiung. 

Deshalb: Lassen wir doch einfach Fünfe auch mal gerade sein. 

3. Ich nehme mir meine ideale Woche zu Herzen

Gegen Ende 2020 hatte ich das Problem, dass mein Kalender komplett fragmentiert war durch viele kürzere oder längere Gespräche, Pausen, Workshops etc. Ich hatte kaum mehr eine längere Zeit am Stück, wo ich auch mal an einer Aufgabe dranbleiben konnte. 

Passiert ist mir das, weil ich natürlich alles angenommen hatte, was ich bekommen konnte, denn schließlich wusste ich noch nicht, ob und wie wir dieses Jahr wirtschaftlich überstehen. Die Quittung kam Ende Jahr: sehr gut überlebt, aber punkto Energielevel ziemlich weit unten.

Mir war klar, dass ich da was ändern musste. Deshalb habe ich versucht, meinen Kalender zu defragmentieren. Das heißt, ich versuche, die Termine so nah beieinander wie möglich zu legen. Ich versuche, meine Termine auf wenige Halb- oder ganze Tage zu konzentrieren und ich habe längere Zeitspannen blockiert, die einfach grundsätzlich frei sind. Da bekommst du nur in Ausnahmefällen einen Termin bei mir.

Hier kommt nun meine ideale Woche ins Spiel. Ich habe mich hingesetzt und mir überlegt, wie meine ideale Woche aussehen würde, hätte ich die komplette Freiheit. Ich habe definiert, wann ich meine Termine will, wann ich Termine nachbereiten will, wann ich Inhalte erstellen will, wann ich meine internen Projekte, also neue Produkte, weiterführen will, wann ich mich um das Marketing kümmern möchte. Ergänzt wurde diese ideale Woche um meine privaten Fixtermine und Dinge wie Essen, Morgentoilette, Sport etc.

Natürlich halte ich mich nicht immer an diesen Wochenplan – es ist nicht umsonst eine „ideale“ Woche. Aber ich orientiere mich daran. Die ideale Woche ist für mich ein Leuchtturm.

Diese Maßnahme hatte tatsächlich zur Folge, dass ich jetzt Termine nicht mehr einfach blind annehme, sondern sie auf bestimmte Zeiten konzentriere. Wenn du z.B. eine Zeit-Lupe bei mir buchst – das Strategiegespräch für diejenigen die wirklich etwas verändern wollen – dann kannst du das selbstverständlich immer noch problemlos tun, aber es werden dir in meinem Online-Kalender nur noch die Zeiten angezeigt, die ich für diese Gespräche definiert habe. 

Das hat bei mir zu einer echten Erleichterung geführt. Jetzt sind die Termine näher beieinander. Diese Termin-Tage sind zwar anstrengend, aber dafür habe ich danach halbe oder ganze Tage, wo ich keine Termine habe und dafür inhaltlich und konzeptionell an meinem Business arbeiten kann. Das ist mir eben nur gelungen, weil ich meine ideale Woche, die mich übrigens schon seit Jahren begleitet, an die aktuelle Situation angepasst habe.

4. Time Blocking ist echt mein Ding

Beim Time Blocking gerate ich gerne ins Schwärmen und 2020 habe ich diese altbewährte Planungsmethode umso mehr lieben gelernt. 

Ich hatte mit dieser Methode immer wieder mal experimentiert. Letztes Jahr habe ich gemerkt, wie schwierig die Planung ist, wenn die ganze Welt um mich so volatil ist und auch Unsicherheit bei mir selber entsteht. Dennoch komme ich nicht um eine Planung herum. Ich will ja gewisse Dinge erreichen, ich will mir Zeit nehmen für Aufgaben, die vielleicht wichtig sind, aber nicht dringend.  Solche Dinge sollten eingeplant werden, um die Verbindlichkeit zu erhöhen und diese wichtigen, aber nicht dringenden Dinge dann auch zu tun.  

So habe ich begonnen, mir Zeitblöcke in den Kalender zu setzen. Damit sind mindestens 80% meiner Tage durchgeplant. Die Blöcke dauern zwischen 1 und 3 Stunden, je nach Inhalt, den ich plane. 

Ich blockiere selten die ganze Zeit weg. Manchmal lasse ich bewusst Lücken, um mir die Freiheit zu lassen oder mich um die Dinge zu kümmern, die während meinen Terminen entstanden sind. So habe ich eine gewisse Reserve.

Diese Zeitblöcke sind übrigens auch nicht als ausgebucht markiert. Wenn du also z.B. eine Zeit-Lupe mit mir vereinbaren willst, ich dann jedoch schon etwas geplant habe, dann hast du natürlich Vorrang. Meine Kunden sind mir schließlich wichtig.

Gerade in der jetzigen Zeit, die viel Unsicherheit mit sich bringt und sich noch schneller verändert als sonst schon, finde ich dieses Time Blocking-Prinzip extrem wertvoll. Gerade weil wir das Gefühl haben, dass im Moment nichts wirklich planbar ist, ist es umso wichtiger eben gerade jetzt zu planen. Sonst laufen wir nämlich Gefahr, alles etwas schleifen zu lassen. 

Ist das ein Widerspruch zu meinem Learning, Fünfe auch mal gerade sein zu lassen? Nein, ist es nicht. Wir müssen da eine gute Balance finden, denn schlussendlich willst du in deinem Business ja vorwärts kommen. Time Blocking ist für mich die Planungsmethode der Stunde – und sehr wahrscheinlich auch der kommenden Jahre.

5. Ich pflege einen bewussten Übergang in den Feierabend

Wenn man im Homeoffice arbeitet, besteht eine der Schwierigkeiten darin, eine anständige Trennung zwischen Freizeit und Arbeit hinzubekommen. Wenn du ein eigenes Business hast, dann macht dir die Arbeit im besten Fall ja auch Freude und da darf man sich selbstverständlich auch in der Freizeit mal mit einem Businessthema beschäftigen. Es geht hier also nicht um eine haarscharfe Trennung, sondern darum, einen guten Übergang zu finden. 

Mein einziger Übergang war es jeweils, mich vom Arbeitsplatz an den Esstisch zu bewegen, wenn meine Frau gekocht hat, respektive in die Küche, wenn ich mit Kochen an der Reihe war. Das war aber für mich kein bewusster Abschluss meines Arbeitstages. Vor Corona fiel das nicht so ins Gewicht, weil man am Abend noch eher mal einer Freizeitaktivität nachgegangen ist. Das ist heute anders. Deshalb habe ich mich auf die Suche gemacht, wie ich zu einem bewussten Übergang in meinen Feierabend finden könnte. 

Ein Hobby musste her – ich habe zwar bereits eines, die Fotografie, aber im Lockdown zuhause zu fotografieren, reizt mich nicht so. Ich habe aber ein Alternativ-Hobby für mich gefunden: Ich lerne, Klavier zu spielen. Da stehe ich jetzt noch ganz am Anfang; ich würde es im Moment eher als Finger-Yoga denn als Musik bezeichnen. Aber es macht unheimlich viel Spaß. 

So hole ich jetzt jeden Abend vor dem Essen oder Kochen mein E-Piano hervor und widme mich der Musik und den Fingerübungen. Das ist für mich ein wunderbarer Übergang in den Feierabend. Selbst wenn das Lernen im Moment noch etwas kopflastig ist, merke ich, dass ich nun viel besser abschalten kann, weil es einfach ganz was anderes ist.


Damit schließt sich der Kreis der fünf Dinge, die ich in der Pandemie angepasst habe. Mein Morgenritual ist mir noch wichtiger geworden, ich setze mich weniger unter Druck, ich gestalte meinen Arbeitstag bewusster, plane besser und schließe den Tag bewusster ab. 

All diese Dinge führen dazu, dass ich mich wohler fühle und mein Energielevel höher ist. Damit bin ich nicht einfach nur produktiv, sondern abends auch so richtig zufrieden – denn auch das hat unglaublich viel mit Produktivität zu tun.

Und zum Schluss noch dies

Es gab bei uns auch sonst noch die eine oder andere Veränderung, die der derzeitigen Situation geschuldet ist, aber einen positiven Langzeiteffekt hat.

Bis zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020 haben meine Frau und ich uns ein großes Büro hier bei uns zuhause geteilt. Wir fanden das super und auch motivierend wegen der Arbeitsatmosphäre. 

Während des Lockdowns war das dann etwas schwierig für meine Frau, denn ich war plötzlich rund um die Uhr da. Es gab keine Kundenkontakte mehr vor Ort, sondern alles lief online über Videokonferenzen in eben diesem Büro. Obwohl meine Frau mit guten Kopfhörern arbeitete, war es störend für sie, wenn hinter ihr die ganze Zeit gesprochen wird. 

So haben wir beschlossen, unsere Büros zu trennen. Das war einfach möglich, weil es in unserer Wohnung noch ein kleines Zweitbüro gibt. Nun haben wir beide unser eigenes Reich, was auch nicht verkehrt ist. Und wir haben Ruhe, um wirklich fokussiert zu arbeiten. Obwohl wir schon immer darauf geachtet hatten, uns nicht ständig mit Fragen und Bemerkungen zu unterbrechen, hat die Bürotrennung trotzdem nochmal was gebracht. Ist man im gleichen Raum, ist die Hemmschwelle, mal kurz was zu sagen, nämlich tiefer.

Weil eben plötzlich alles online stattfand, habe ich die Gelegenheit genutzt, um mein Schreibtisch-Studio aufzurüsten. Neben ein paar Kleinigkeiten sind das vor allem zwei gute Leuchten von Elgato, die Key Lights (Affilate-Link), und eine gute Kamera für meine Videokonferenzen, Online-Workshops und Live-Streams, eine Sony ZV1 (Affiliate-Link). Diese liefert ein viel klareres Bild als meine bisherige Webcam, was natürlich auch für meine Workshop-Teilnehmer viel angenehmer ist. 

Eine entsprechende Software im Hintergrund (Ecamm Live – nur für Mac) sorgt dafür, dass ich z.B. mein Logo einblenden oder sonst ein paar Tricks ausführen kann. Ich kann z.B. mittels iPad auf meinem Kamerabild schreiben, so dass du meinst, ich hätte zwischen mir und der Kamera eine Glasscheibe, auf welcher ich schreibe. Eine verblüffende Sache, die recht gut ankommt. 

Meine alte Webcam habe ich oben an der Decke befestigt, sodass ich auch eine Aufsicht auf meinen Schreibtisch habe. Das sind Spielereien, machen aber die ganzen Videokonferenzen und Online-Workshops viel lebendiger. Bei einem Online-Workshop muss man ganz andere Dinge beachten, als bei einem Workshop vor Ort. Es ist viel herausfordernder, die Leute bei der Stange zu halten, und da helfen solche technischen Spielereien, ein gutes Bild und natürlich sensationeller Inhalt. ;-) 


Du siehst, alles fließt, äußere Umstände verändern sich und wir verändern uns. Deshalb ist auch das Selbstmanagement ein Prozess, der nie abgeschlossen ist. Es geht darum, ein gutes Selbstmanagement zu finden, das nicht nur zu dir passt, sondern auch zur Phase passt, in der du jetzt gerade bist. Manchmal sind es auch nur kleine Dinge, die wir anpassen müssen, und schon haben wir eine große Wirkung.


Dieser Artikel ist mein Beitrag zur Blogparade „Corona – Leben im Lockdown?!“ von Heike Lorenz. Alle Info zu der Blogparade und die weiteren Beiträge gibt’s drüben im Unternehmerhandbuch.

ÜBER IVAN BLATTER

Ivan Blatter
Ivan Blatter

Ich bin seit 2008 Produktivitätscoach und führe meine Kunden zu mehr Selbstbestimmung und Freiheit in ihrem Business.

  • Ich helfe einerseits Solopreneuren, Selbstständigen und Unternehmern, ihr Zeit- und Selbstmanagement in den Griff zu bekommen, so dass sie mehr Freiraum haben.
  • Andererseits helfe ich meinen Kunden, über sich hinauszuwachsen, damit sie das erreichen, was sie wirklich wollen.

Mit meinem umfangreichen Blog, meinem erfolgreichen Podcast und meinem Buch "Arbeite klüger – nicht härter" habe ich schon tausenden Menschen weiterhelfen können.

Daneben helfe ich aber auch Menschen, die schnell und gezielt vorwärts kommen wollen, mit meinen Angeboten.

Immer getreu meinem Motto: Nutze deine Zeit, denn sie kommt nie wieder.