#264 – Vertrauen: Eine Aufgabe jedes Team-Leaders

Vertrauen ist einer der wichtigsten Baustoffe für eine hohe Produktivität. Das Thema Vertrauen ist kein leichtes, um das man sich eben mal so kümmert und dann im Griff hat. Es ist eine Daueraufgabe jeder Führungskraft und jedes Unternehmers. 

Im Folgenden geht es darum, wie du als Leader eine bessere Vertrauenskultur bei dir im Team oder Unternehmen aufbauen kannst. Ich zeige dir, weshalb das Thema überhaupt wichtig ist, was Vertrauen eigentlich bedeutet und worauf du achten solltest.

Warum ist Vertrauen im Unternehmen wichtig? 

Ich habe mit meiner Frau vor einiger Zeit ein Referat von Margaret Heffernan hier in Basel besucht.

Margaret Heffernan ist eine sehr erfolgreiche Unternehmerin, Fernsehproduzentin und Autorin zahlreicher Bücher zu den Themen Management, Medien, Innovation und Kreativität. Sie berät CEOs und Führungskräfte von großen globalen Unternehmen und schreibt zum Beispiel auch für die Financial Times oder die Huffington Post. 

Margaret Heffernan vertritt die Ansicht, dass Unternehmen ein kooperatives Arbeitsumfeld fördern müssen, das Menschen nicht gegeneinander antreten lässt, sondern sie in ihrem Wunsch nach Zusammenarbeit bestärkt.

Unternehmen, denen das gelingt und die eine solche Kultur erfolgreich umsetzen, gehört die Zukunft. Nicht die Konkurrenz sei beim Wettbewerb entscheidend und mache ein Unternehmen produktiv, sondern die Kultur. Kultur wiederum bedeute Wachstum und Vertrauen sei ein wichtiger Teil davon.

Margaret Heffernan zählte im Referat dann auch verschiedene Merkmale eines großartigen Teams auf und sie sagte ganz klar, dass nicht der höchste IQ, nicht die Fähigkeit zu liefern, ein großartiges Team ausmachen, sondern Empathie und Vorstellungskraft. Nicht die Dominanz einzelner, sondern der volle Beitrag von allen. Diese Gedanken fand ich unglaublich spannend.

„Der Mörtel ist wichtiger als die Backsteine“, so Heffernan. Das heißt, was zwischen den Teammitgliedern geschieht, ist eigentlich ausschlaggebend. Arbeiten die Teammitglieder zusammen oder arbeiten sie parallel nebeneinander? Die soziale Beziehung innerhalb eines Teams ist entscheidend. 

Demnach sind also Themen wie Vertrauen, Teilhabe am kollektiven Wissen des Unternehmens, Mitgefühl und Großzügigkeit die eigentlich wichtigen Themen, die ein Team zu einem großartigen Team machen. Die Bindungen zwischen den Menschen sind wichtig für die Belastbarkeit des Teams und des Unternehmens. Deshalb ist es wichtig, im Unternehmen eine Kultur zu schaffen, in der sich die Menschen sicher und frei fühlen, selbstständig zu denken oder auch mal anders denken zu können und zu dürfen. Es ist auch wichtig, in einem Unternehmen eine Umgebung zu schaffen, in der es sicher ist, Fehler zu machen. Denn Fehler zu machen bedeutet Lernen. 

Ich finde diese Gedanken von Margaret Heffernan unglaublich wichtig und wertvoll, zumal sie wirklich weiß, wovon sie spricht. Sie hat ja bereits mit und in zahlreichen sehr großen Unternehmen, u.a. Microsoft, gearbeitet, konnte ihnen helfen, erfolgreicher zu sein und kennt sich da bestens aus.

Ihr Ansatz wird natürlich auch durch verschiedene Studien gestützt. Es gibt eine berühmte Studie von Google. Google hat sich nämlich gefragt, was ein erfolgreiches Team ausmacht. In meiner Podcast-Folge 190 habe ich die fünf Punkte ausführlich besprochen.

Folgende fünf Punkte kennzeichnen gemäß Google ein erfolgreiches Team:

1. Psychologische Sicherheit

Auch hier wieder: In effektiven und erfolgreichen Teams fühlen sich die Teammitglieder sicher. Sie können auch mal ein gewisses Risiko eingehen oder sich fehlerhaft gegenüber anderen zeigen. Und niemand muss sich fürchten, bloßgestellt zu werden. Niemand muss sich wegen einer Idee oder seine Frage schämen, sondern alle haben diese psychologische Sicherheit, dass nichts passiert, wenn man eben auch mal Schwäche zeigt.

2. Verlässlichkeit

Alle Teammitglieder erledigen ihre Arbeit in der vorgegebenen Zeit und streben nach hoher Qualität des Ergebnisses. 

3. Strukturen und Klarheit

Die Erwartungen, die Rollenverteilung, die Ziele und Pläne sind offen dargelegt und allen klar. 

4. Sinnhaftigkeit

Die Arbeit bedeutet jedem Einzelnen etwas. 

5. Relevanz

Die Resultate der Arbeit bewirken tatsächlich etwas. 

Das sind die fünf Aspekte, die ein erfolgreiches Team kennzeichnen. Mehr in die Tiefe gehe ich in meiner Podcast-Folge 190 und in diesem Artikel hier.

Wir wissen nun: Vertrauen ist spielentscheidend in einem Unternehmen. Die Frage ist, wie wir das hinbekommen. Was kann ich als Unternehmer und Führungskraft tun, um eine Vertrauenskultur zu schaffen oder Vertrauen überhaupt zu ermöglichen? Und genauso wichtig: Was spielt keine oder nur eine geringe Rolle? Zuerst müssen wir uns aber fragen, was Vertrauen eigentlich bedeutet.

Was ist eigentlich Vertrauen? 

Clare Lew ist dieser Frage in einem sehr interessanten Blogartikel nachgegangen. Dabei erklärt sie zuerst, was Vertrauen nicht ist. Vertrauen ist nicht Sympathie. 

Das ist spannend. Ich kann jemandem vertrauen, ohne den sympathisch zu finden. Und umgekehrt, ich kann jemanden nett finden und mir vorstellen, mit ihm/ihr am Wochenende etwas zu unternehmen, dennoch würde ich ihm nicht unbedingt ein wichtiges Projekt anvertrauen, einfach, weil ich dieser Person nicht genug vertraue. Oder vielleicht besser: Weil ich ihr nicht zutraue, dass sie die Arbeit auch wirklich gut und richtig erledigt. 

Oft spielen Vertrauen und Sympathie zwar gleichzeitig mit, aber sie sind nicht gleichzusetzen. Diese Unterscheidung ist meines Erachtens wichtig, weil meiner Erfahrung nach ja viele Führungskräfte auf Sympathie als Mittel zur Vertrauensbildung setzen. Sie versuchen, sich mit den Mitarbeitern anzufreunden, einfach weil sie glauben, dass ihr Team ihnen dann mehr Vertrauen entgegenbringt. Das bedeutet nicht, dass es per se schlecht ist, wenn der Chef ein freundschaftliches Verhältnis zu seinen Mitarbeitern pflegt. Darum geht es hier nicht. Hier geht es nur darum, dass es mehr braucht als das Heischen um Sympathie, um Vertrauen zu erlangen.

Wenn nun also Vertrauen nicht mit Sympathie gleichzusetzen ist, dann müssen wir auch nicht mehr unbedingt versuchen, es allen um uns herum recht machen zu wollen. Das darf man ruhig auch mal von dieser Seite aus betrachten.

Im Artikel von Clare Lew schreibt sie auch über die 4 Kerne von Vertrauen, die wiederum auf Steven M. R. Covey (der Sohn des Bestsellerautors Steven R. Covey [Affiliate-Link]) zurückgehen. Für ihn ist Vertrauen der Glaube daran, wer die Person ist und der Glaube an ihre Fähigkeiten. Eine Rolle spielen dabei die genannten vier Kerne, die da sind:

1. Integrität

Integrität bedeutet, ehrlich zu sein und den Worten Taten folgen zu lassen, „Walk the Talk“ sozusagen. Es bedeutet, kongruent zu sein mit dem, was man glaubt. Man kann jemandem nicht vertrauen, wenn man nicht glaubt, dass er Integrität besitzt, also integer ist.

2. Absicht

Das Team muss deiner Absicht vertrauen können, bevor es dir vertrauen kann. Das ist eine wichtige Unterscheidung.

3. Fähigkeiten 

Wenn jemand entscheidet, ob er dir vertrauen soll oder nicht, wird er sich zuerst fragen, ob du das Talent, die Einstellungen, die Fähigkeiten und Kenntnisse hast, um die Arbeit gut erledigen zu können.

4. Resultate 

Es braucht eine gewisse Erfolgsbilanz, es braucht eine gewisse Leistung. Man wird dir erst dann richtig vertrauen, wenn du schon mal bewiesen hast, dass du das kannst, wenn du also in irgendeiner Weise in der Vergangenheit gute Ergebnisse gezeigt hast.

Natürlich hast du manchmal einen Vertrauensvorschuss, wenn du auf einem Gebiet noch keine Resultate vorweisen kannst. Aber wenn du solche schon hast, dann fällt es den anderen leichter, dir zu vertrauen.

Wir haben nun eine Ahnung, in welche Richtung Vertrauen geht. Um das Bild noch etwas klarer herauszuarbeiten, sollten wir uns nun fragen, was für die Vertrauensbildung im Unternehmen relevant ist. Bevor wir das aber tun, wollen wir die Dinge ausschließen, die keine oder nur wenig Einfluss auf die Vertrauensbildung haben.

Was ist irrelevant bei der Vertrauensbildung im Unternehmen?

Im ersten Moment könnte man meinen, dass aktive Teambildungsmaßnahmen wie informelle Mittagessen, gesellige Zusammenkünfte, Einzelgespräche, aber auch explizite Dankbarkeit und Anerkennung, absolute Transparenz etc. automatisch zu Vertrauen führen.

Könnte man meinen – ist aber nicht so. Mit Teambildungsaktivitäten kann man kein Vertrauen herstellen. Es kann bestehendes Vertrauen unterstützen, man kann sich besser kennenlernen – aber nicht Vertrauen herstellen, wo noch keines besteht. 

Auch hier gibt es eine Studie aus einem Artikel, wiederum von Clare Lew. In der Studie wurde herausgefunden, dass nur 1% der Befragten finden, dass Retreats und Teambildungsaktivitäten überhaupt Vertrauen aufbauen. Nur 4% der Befragten gaben an, dass Dank und Anerkennung Vertrauen aufbauen. Nur 10% der Befragten sagen, dass Transparenz der beste Weg ist, um Vertrauen aufzubauen. Wer hätte das gedacht?!

Natürlich: Dank, Anerkennung und Transparenz sind extrem wichtig. Aber sie spielen eine eher untergeordnete Rolle, wenn es um die Bildung von Vertrauen geht. 

Damit stellt sich die alles entscheidende Frage:

Was ist relevant bei der Vertrauensbildung im Unternehmen?

Clare Lew hat im Artikel drei Wege herausgearbeitet, um Vertrauen aufzubauen.

1. Zeige als Leader Verletzlichkeit

28% der Befragten in dieser zitierten Studie sagen, dass die Verwundbarkeit und das Eingeständnis der eigenen Unzulänglichkeiten als Führungskraft der effektivste Weg zur Vertrauensbildung sei.

Schwächen und Fehler zu zeigen, demonstriere Einfühlungsvermögen. Je einfühlsamer jemand sei, desto wahrscheinlicher sei es, dass man ihm vertraue.

2. Erkläre die Absicht hinter deinen Aktionen 

26% der Befragten sagen, die Absichten hinter den Handlungen deutlich zu machen, sei der effektivste Weg, um Vertrauen aufzubauen.

Das macht durchaus Sinn, wenn man bedenkt, dass die Absicht ein so wichtiger Bestandteil der Definition von Vertrauen ist. Du erinnerst dich an Kern Nr. 2 von Steven M. R. Covey: „Dein Team muss deiner Absicht vertrauen, bevor es dir vertrauen kann.“ 

Das bedeutet aber wiederum nichts anderes, als dass du deine Absicht auch kommunizieren musst. Sei ruhig offen darüber, warum du etwas sagst, warum du welche Entscheidung triffst, warum du eine Aufgabe jemandem übergibst etc. 

Das ist für mich auch deutlich mehr als einfach nur Transparenz. Transparenz bedeutet z.B. die Zahlen offenzulegen. Wenn ich aber erkläre, was die Zahlen bedeuten, wo es hingehen soll, auch strategisch, welche Aktionen ich plane, dann erkläre ich die Absicht dahinter. Damit schaffe ich als Führungskraft Vertrauen. 

3. Folge deinem Commitment („Walk the Talk“)

18% der Befragten gaben an, dass das bloße Einhalten von Verpflichtungen der effektivste Weg zur Vertrauensbildung sei.

Es ist tatsächlich manchmal so einfach: Den Worten auch Taten folgen zu lassen, schafft Vertrauen. 

Diese drei Wege passen perfekt zu den vier Kernen nach Covey und beides zusammen passt zu den Gedanken von Margaret Heffernan und zur Google Studie. Damit schließt sich der Kreis.

Fazit

Es geht nicht ausschließlich darum, dass alle einander mögen und sich untereinander gut fühlen. Das ist zwar wichtig, weil wir den ganzen Arbeitstag mit unseren Arbeitskolleginnen und -kollegen verbringen und zusammen etwas erreichen wollen. 

Vertrauen geht aber viel weiter. Vertrauen bedeutet eben, deutlich zu machen, warum du etwas tust, auch ehrlich zu sein und es dann durchzuziehen. Vertrauen bedeutet auch, Schwächen und Verletzlichkeit zu zeigen, weil das emphatisch und menschlich ist. Vertrauen bedeutet, Zusagen auch wirklich einzuhalten, damit die Worte nicht bloß hohl sind. Es bedeutet auch, deine Absichten offenzulegen, um das, was du tust, mit dem abzustimmen, was du sagst. 

Auf diese Weise kannst du Schritt für Schritt Vertrauen aufbauen im Unternehmen. Wie sagt Margaret Heffernan? „Der Mörtel ist wichtiger als die Backsteine.“ Was zwischen deinen Teammitgliedern geschieht, ist ausschlaggebend. Nur so gelingt es uns, eine Zukunft zu schaffen für unser Unternehmen. Nur so gelingt es uns, eine gute Kultur zu schaffen, wo die Menschen ihr Potenzial auch tatsächlich ausschöpfen können. Das kommt am Schluss dann natürlich auch wieder dir und deinem Unternehmen zugute.

ÜBER IVAN BLATTER

Ivan Blatter
Ivan Blatter

Ich bin seit 2008 Produktivitätscoach und führe meine Kunden zu mehr Selbstbestimmung und Freiheit in ihrem Business.

  • Ich helfe einerseits Solopreneuren, Selbstständigen und Unternehmern, ihr Zeit- und Selbstmanagement in den Griff zu bekommen, so dass sie mehr Freiraum haben.
  • Andererseits helfe ich meinen Kunden, über sich hinauszuwachsen, damit sie das erreichen, was sie wirklich wollen.

Mit meinem umfangreichen Blog, meinem erfolgreichen Podcast und meinem Buch "Arbeite klüger – nicht härter" habe ich schon tausenden Menschen weiterhelfen können.

Daneben helfe ich aber auch Menschen, die schnell und gezielt vorwärts kommen wollen, mit meinen Angeboten.

Immer getreu meinem Motto: Nutze deine Zeit, denn sie kommt nie wieder.